David Reed, Vice and Reflection #2: Dokumente kreativen Schaffens

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19. August 2019
Text: Nora Gantert

David Reed, Vice and Refelction#2.
Neues Museum Nürnberg, Klarissenplatz, Nürnberg.
Dienstag bis Sonntag 10.00 bis 18.00 Uhr, Donnerstag 10.00 bis 20.00 Uhr.
Bis 6. Oktober 2019.

www.nmn.de

Der Saal im ersten Obergeschoss des Neuen Museums Nürnberg ist für die Ausstellung „Vice and Reflection #2“ des US-amerikanischen Künstlers David Reed (*1946) reduziert, fast spartanisch gestaltet. Die Schau konzentriert sich auf die Gemälde „#658”, „#659”, „#660” und „#661”, deren Vorgeschichte und Entstehen sie beleuchtet.

Als Einstieg dienen Reeds „Working Drawings“ (2016), die dicht gehängt einen analytischen Eindruck des künstlerischen Schaffens vermitteln. Hier sieht man dem Künstler beim Arbeiten detailliert über die Schulter, kann nachvollziehen warum in welchem Gemälde zuletzt welche Farbe verwendet wurde. Jede Entscheidung wird mit teils lapidaren Vermerken aufgezeichnet und festgehalten. An manchen Farbproben steht ein affirmatives „Yes“ an anderen ein strenges „No“. Zentral verständlich gemacht wird hier die die Technik, mit der Reed einzelne Pinselstriche aus früheren Arbeiten freistellt und als Schablonen in aktuellen Werken selbstreferentiell weiterverwendet. Ebenso gibt Reed in den tagebuchartigen Blättern die kunsthistorischen Referenzen preis, die ihn zu bestimmten Farbpaletten leiteten, so zum Beispiel Domenico Fettis (1589-1623) „Flying and Adoring Angels“ (1614), aus dem er die dunklen Violetttöne und starken Gelbkontraste entwickelte, die sich auf den großformatigen Leiwänden wiederfinden, die das Herz der Schau bilden. Betrachtet man nun die vier großen Leinwände wird die Transferleistung spürbar, welche die mit Bedacht kuratierte Ausstellung erbringt: es werden die Farben erkennbar, die Schablonen, die herausgelösten Versatzstücke, die vergrößert auftreten und stellvertretend für den künstlerischen Prozess stehen. Die Arrangements der Elemente wirken umso eindeutiger als die Handschrift des Künstlers.

Ursprünglich wurden „#658”, „#659”, „#660” und „#661” als zusammenhängender Fries für eine Ausstellung im Pérez Art Museum Miami konzipiert. In Nürnberg sind auch Skizzen und Überlegungen zur Hängung in Miami zu sehen, wodurch die unterschiedliche Wirkkraft der Werke deutlich wird. Denn im Neuen Museum bekommt jedes eine eigene Wand, an der die Arbeit Raum hat, um eigenständig wirken zu können. Durch die Konzentration auf einen Werkzyklus lässt sich der Schaffensprozess begleiten und mit Neugier verfolgen. So werden die abstrakten, wuchtigen Leinwände zu Dokumenten kreativen Schaffens und die minutiöse, fast wissenschaftliche Auseinandersetzung des Künstlers mit seinem Material wird greifbar. „Painting Finished“, liest man auf einer der „Working Drawings“ und am Ende der Ausstellung lässt sich genau dieser Moment für die Besucherinnen nachvollziehen.