After eight: traumhafte Zusammenschau des Disparaten

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3. Juni 2019
Text: Dietrich Roeschmann

After eight.
Fürstenberg zeitgenössisch. Am Karlsplatz 7, Donaueschingen.
Dienstag bis Samstag 10.00 bis 13.00 Uhr, 14.00 bis 17.00 Uhr, Sonntag 10.00 bis 17.00 Uhr.
Bis 25. August 2019.

www.fuerstenbergzeitgenoessisch.com

Langsam drehen sich gestreckte Arme in weißen Latexhandschuhen. Es sind Dutzende, die hier in symmetrischer Choreografie wie in einem Hollywood-Musical aus den 1940er-Jahren durch die menschenleere Produktionshalle zu tanzen scheinen. Vanessa Safavi (*1980) hat das stille Ballett in einer kleinen indischen Fabrik für Einweghandschuhe aufgenommen. „Velvet” ist die erste filmische Arbeit der Schweizer Künstlerin, die zuletzt mit grellbunt in den Raum gebogenen Skulpturen aus Bus- und Bahn-Haltestangen auffiel und mit zusammengeknüllten rosafarbenen Silikonmatten, die sie in Gitterboxen einsperrte. Auch hier ging es um Bewegung, Haut, Berührung. Ihr aktuelles Video drehte sie nun im Rahmen des Stipendiatenprogramms des Kunstprojektes „Fürstenberg zeitgenössisch”, zu dem das Donaueschinger Erbprinzenpaar Christian und Jeanette zu Fürstenberg seit 2011 jährlich drei junge Kunstschaffende auf das familieneigene Schloss Heiligenberg unweit des Bodensees einlädt. 2018 waren neben Safavi der in Paris lebende Kanadier Zin Taylor (*1978) mit dabei sowie der in Puerto Rico geborene New Yorker Juan Antonio Olivares (*1988). Gemeinsam zeigen sie ihre Arbeiten jetzt in der achten Stipendiatenschau in den historischen Räumen des Karlshofs in Donaueschingen. Safavi flankiert ihre Videoarbeit zum Verhältnis von Körper, Maschine, Anmut und Wiederholung mit einer Reihe beiläufig arrangierter ausgestopfter Papageien, die eine Brücke schlagen zu den Tausenden Tierpräparaten in den Vitrinen der Fürstenbergischen Sammlungen in den Sälen darunter. Auch Zin Taylor hat die Natur in Form von toter Materie in den Raum geholt und präsentiert welkende Wiesenblumen in minimalistischen Keramik-Settings, hinter denen eine riesige Panorama-Zeichnung über die Wände mäandert als luftige Reflexion über die Funktion der Linie bei der Transformation der Welt ins Bild. Juan Antonio Olivares schließlich ergänzt diese fast traumartige Zusammenschau des Disparaten mit der HD-Robinsonade eines jungen Paares auf der Suche nach dem Ort des Ineinanderaufgehens und mit filigranen Silberstiftzeichnungen von Schwarzen Löchern, zu denen er sich von Meteoritenschwärmen am sommerlichen Nachthimmel über dem Bodensee inspirieren ließ.