Privatsache oder Kulturerbe? Ein Kunstlagerhaus für Basel

Interview
15. Oktober 2018
Text: Annette Hoffmann

RestKunst – Braucht Basel ein Kunstlagerhaus?
Projektraum M54, Mörsbergerstrasse 54, Basel.
10. November 2018, 18.00 Uhr bis Open end sowie 11. November 2018, 11.00 bis 20.00 Uhr.

www.restkunst-basel.com

Wenn auf dem Basler Kasernenareal die Ateliers per November aufgelöst werden, drohen Lebenswerke unbesehen in der Mulde zu landen. Für Ricarda Gerosa und Nadja Müller vom Verein RestKunst ist dies ein plastisches Beispiel für den gesellschaftlichen Umgang mit regionaler Kunst. Annette Hoffmann sprach mit dem Vorstandsmitglied der Visarte Region Basel Gerosa über den Verein und das Vorhaben eines Kunstlagerhauses.

Artline: Frau Gerosa, was machen Sie gerade?
Ricarda Gerosa: Wir sortieren das Werk von René Schlittler (*1929), der in seinem Atelier in der Ateliergenossenschaft Basel, abseits vom Kunstmarkt, über fünfzig Jahre lang gearbeitet hat. Er hat keine Nachkommen.

Muss man alles aufbewahren, was Künstlerinnen und Künstler produzieren?
Nein, auf keinen Fall, aber man muss auch nicht alles wegwerfen. Unser Ziel ist es ein Kunstlagerhaus zu initiieren, in dem Basler Kunstschaffende mit einem kleinen Kernkonvolut von Arbeiten vertreten sind. Auch Künstler, die in keinem Museum zu finden sind und sich weniger ums Verkaufen kümmerten. Man könnte den Künstlern die Auswahl überlassen. Die Erhaltung eines Nachlasses ist heute oft Privatsache. Nachfahren sind häufig überfordert. Aber diese Nachlässe sind ja auch Zeitdokumente. Und sind wir als Gesellschaft nicht mitverantwortlich für die Erhaltung unseres Kulturerbes? Die historischen Disziplinen sind hier weiter.
In Basel vergisst man über der internationalen die regionale Kunst. Jüngere können sich gar keinen Überblick verschaffen, was an Kunst in Basel produziert wurde. Ein Kunstlagerhaus könnte diese Lücke schliessen, einerseits als Archiv, andererseits mit Ausstellungen, wo ältere Basler Kunst immer wieder sichtbar gemacht werden könnte.

Wurden solche Modelle schon verwirklicht?
Ähnliche Modelle, ja. In Zürich gibt es das Art Dock, in Bern die Art Nachlass-Stiftung und in Pully die Fondation Ateliers d’Artiste. Alle kämpfen mit der Finanzierung. Einfacher haben es digitale Archive.

Was wird auf der Veranstaltung am 10. und 11. November im Projektraum M54 passieren?
Wir werden anhand des Werks von René Schlittler durchspielen, was das Schicksal von Künstlernachlässen sein kann. Ein Großteil seiner Arbeiten wird noch einmal ausgestellt und am Sonntagnachmittag in einer Auktion angeboten. Was übrig bleibt, wird in einer Performance vernichtet. Daneben gibt es auch Workshops und zum Abschluss ein RestKunst-Mahl, wobei sich Interessierte und Betroffene austauschen und für den Aufbau eines Kunstlagerhauses vernetzen können.