Anni Albers.
Hirmer Verlag, München 2018, 192 S.,
39,90 Euro / 48.70 Franken.
Als Annelise Fleischmann 1922 begann, am Bauhaus zu studieren, war sie 23 Jahre alt. Es ist bezeichnend, dass sich ihr nicht die Mal-, sondern die Webklasse öffnete und dass diese allein Frauen besuchten. Doch Anni Albers, die 1933 gemeinsam mit ihrem Mann Josef Albers Deutschland Richtung New York verlassen sollte und eine erste Wirkungsstätte im Black Mountain College fand, verstand Textilien nicht als Dekoration. Ästhetisch ist sie auf der Höhe des Bauhauses mit ihren abstrakten Kompositionen, doch Anni Albers interessierte sich auch für die technischen Möglichkeiten der Webkunst. Der Stoff, den sie 1929 für die Aula der Bundesschule des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes in Bernau und als Diplomarbeit webte, reflektierte das Licht und dämpfte den Schall. Der Katalog, der anlässlich der monografischen Schau in der Tate Modern und der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen erscheint, zeigt Beispiele ihres Schaffens und dokumentiert, wie einflussreich die frühen Webarbeiten aus Mexiko, Chile und Peru für die Künstlerin waren. 1935 reist sie mit ihrem Mann nach Mexiko, um sich die neuen archäologischen Funde von Monte Albán anzusehen. In den 1960er Jahren wandte sie sich der Drucktechnik zu, auch hier ging es ihr um Struktur, Textur und Farbe und hier fühlte sie sich endlich als Künstlerin anerkannt. Gut, dass die Webkunst heute längst rehabilitiert ist.