Imi Knoebel: Guten Morgen, weisses Kätzchen.
Museum Haus Konstruktiv, Selnaustr. 25, Zürich.
Dienstag bis Sonntag 11.00 bis 17.00 Uhr. Mittwoch 11.00 bis 20.00 Uhr.
Bis 2. September 2018.
Zur Ausstellung ist ein Katalog erschienen:
Hatje Cantz, Berlin / Stuttgart 2018, 158 S., 38 Euro | ca. 48.90 Franken.
Der Raum 19 der Kunstakademie Düsseldorf war geradezu Imi-identitätsstiftend. 1968 wies Joseph Beuys seinen beiden Studenten Imi Knoebel und Imi Giese diesen Raum zu. Gerne wird er als bessere Abstellkammer kolportiert, doch andererseits gehört die gleichnamige Arbeit Imi Knoebels zu den einflussreichen der Gegenwart. Unzählige Kunststudierende ließen sich von der Nonchalance inspirieren, mit der einer der ihren setzte, stellte, legte. Das Material war unscheinbare ockerfarbene Hartfaser. Knoebel schuf daraus geometrische Körper und arrangierte sie zu raumgreifenden Installationen. Im Museum Haus Konstruktiv führt „Raum 19 III“ in die Ausstellung ein, die den charmant-neckischen Titel „Guten Morgen, weisses Kätzchen“ trägt. Dabei leugnet die Installation des 1940 geborenen Künstlers so gut wie jede prosaische Abbildfunktion. Was sie nicht leugnet, ist die Auseinandersetzung mit der Malerei. Gut sichtbar sind Keilrahmen und andere Bildbestandteile Elemente der Installation, die ansonsten auf jede weiteren Farbwerte verzichtet.
Schwer zu entscheiden, ob „Raum 19 III“ sozusagen aus eigenem Antrieb derart zeitgenössisch geblieben ist – oder geworden ist, weil sich jede Generation von Kunststudierenden an ihm abarbeitet und ihn auf diese Weise verjüngt. Dass es inzwischen vier verschiedene Fassungen dieser Arbeit gibt, trägt ihrer Bedeutung nicht allein für Imi Knoebels Werk Rechnung. Seit 2006 präsentiert Knoebel ihn in Kombination mit „Batterie“, einem Kubus, der aus mit phosphoreszierender Farbe beschichteten Aluminiumplatten besteht.
Die Zürcher Einzelschau – es ist seit mehr als zwei Jahrzehnten die erste in der Schweiz –, erstreckt sich über drei Stockwerke des Museum Haus Konstruktiv und lohnt zweifellos den Besuch. Gezeigt werden vordringlich Arbeiten des in Düsseldorf lebenden Künstlers, die sich mit dem Erbe der konkret-konstruktivistischen Kunst auseinandersetzen. Und auch in den oberen Etagen findet sich ein ähnlich unprätentiöser Umgang mit dem Material und dem Bildbegriff. Bilder sind für Imi Knoebel, der seit 1974 ohne Imi (Rainer) Giese auskommen muss, nichts, was an der Wand hängt. Knoebel stapelt Bilder hintereinander, so dass eine Art Block entsteht, oder er legt sie auf den Boden. Er gesteht dem Bild an sich kein Alleinstellungsmerkmal zu, schichtet, stapelt und reiht es als wäre es ein Objekt wie jedes andere. Manchmal ist es lediglich eine halbe Rahmenkonstruktion, die an der Wand hängt. Was nun in Zürich gezeigt wird, ist eine radikale Infragestellung des Bildes.
Mitte der 1970er Jahre kommt die Farbe hinzu. Bei seinen neueren Arbeiten – einige sind ausdrücklich für die Zürcher Retrospektive entstanden – bringt Imi Knoebel nicht die für die konkrete Kunst so charakteristischen Grundfarben zum Einsatz. Vielmehr mischt er sie und trägt sie mit deutlich sichtbarem Gestus auf den Untergrund auf. Die Bildträger schneidet er zu und setzt sie manchmal aus mehreren Elementen zusammen, so dass man an Ellsworth Kellys „Shaped Canvases“ denken muss. Was in „Raum 19 III“ noch als eine Marginalie erscheint – die Auseinandersetzung mit dem Bild –, wird in den kommenden Jahren zum Hauptanliegen. Bereits 1968 setzt Knoebel mehrere schwärzliche Bildträger zu „Braunes Kreuz“ zusammen. Viele seiner Arbeiten hat er in späteren Jahren neu aufgelegt. Gegen Ende der 1990er Jahre entsteht die Werkgruppe „Grace Kelly“, bei der Imi Knoebel eine Bildfläche mit farbigen Balken umgibt, als wären sie ein Rahmen. Die Komposition mag an Bilder von Kasimir Malewitsch oder Piet Mondrian erinnern, die Farbgebung jedoch strahlt eine Kühle aus, die an die Hitchcock-Schauspielerin Grace Kelly erinnert. Imi Knoebels Auseinandersetzung mit der Malerei und dem Bild jedoch hat nicht im Mindesten Patina angesetzt.