Together! Die neue Architektur der Gemeinschaft

Review > Weil > Vitra Design Museum
6. August 2017
Text: Annette Hoffmann

Together! Architektur der Gemeinschaft.
Vitra-Design-Museum, Charles-Eames-Str. 1, Weil a.R.
Montag bis Sonntag 10.00 bis 18.00 Uhr.
Bis 10. September 2017.
www.design-museum.de

„Together! Die neue Architektur der Gemeinschaft“ ist keine Ausstellung, die Utopien auf die leichte Schulter nähme. Der gesellschaftliche Kitt des Zusammenseins mag im Titel nicht ohne Ausrufezeichen auskommen, doch beruht es meist weniger auf gegenseitigen Anziehungskräften. Sondern auf Vernunft. Auf finanziellen Gründen. Und auf langanhaltenden Diskussione. Etwas vom ernüchternden Ermüdungspotential ahnt, wer in die Dokumentation im letzten Raum der Ausstellung hineinhört. Dort zeigt sich, dass die Auseinandersetzungen über Fassaden und gemeinsame Gästezimmer immer auch zu Fragen der individuellen finanziellen Situation werden. Wörter wie Baugruppen und Genossenschaften erden jede Utopie.

Dabei ist eigentlich alles ganz einfach: die Weltbevölkerung wächst, einerseits weicht die Natur zurück und mehr und mehr Flächen werden versiegelt. Andererseits verkommen unsere Städte zu reinen Zentren des Konsums. Die Menschen werden älter und damit auch einsamer. Da muss man doch zusammenrücken. Die von Ilka und Andreas Ruby kuratierte Ausstellung „Together! Die neue Architektur der Gemeinschaft“ beginnt mit einer kurzen historischen Einführung, die einen Überblick gibt über Reformprojekte wie die Gartenstädte in England, die 1968er Bewegung, die ganz selbstverständlich den öffentlichen Raum besetzte und Bauvorhaben wie das Barbican in London. Doch die Ausstellung geht schnell in die gegenwärtige Praxis auf. Modelle zeigen, wie zeitgemäße oder zukünftige Urbanität aussehen könnte. Eines ist das Moriyama House, das 2005 in Tokio verwirklicht wurde. Der weiße Kubus besteht aus zehn einzelnen Quadern unterschiedlicher Größe, die ineinander gefügt sind und individuelle Zugänge zu den Grünflächen haben. Ein anderes die Zürcher Kalkbreite, ein Projekt des Büros Müller Sigrist Architekten, das Wohnen, Arbeiten und Kultur mischt und auch noch an einen Spielplatz auf dem Dach gedacht hat. Mal sind die Bewohner eine homogene Gruppe wie beim Basler Musikerhaus mit seinen integrierten Probenräumen, mal sorgen Restaurants dafür, dass die Bewohner miteinander kommunizieren. Doch wer es an den idealweißen Modellen nicht erkennt, den überfällt die Wirklichkeit in den simulierten Wohnräumen im Vitra Design Museum. Die neue Architektur der Gemeinschaft hat nur wenig mit unseren Wunschvorstellungen vom Eigenheim zu tun. Man muss sich bescheiden, die Räume sind eher klein, das Bedürfnis nach individueller Ausstattung, Ruhe und Intimität muss ausgehandelt werden. Die Wohnungen des Moriyama House in der Metropole Tokio sind lediglich zwischen 16 und 30 Quadratmeter groß. Und so ist diese sehr inspirierende und umfassend recherchierte Ausstellung eine Achterbahn der Gefühle zwischen Euphorie und Ernüchterung. Da muss man durch.