Pierre Soulages: Die Farbe des Lichtes

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11. April 2017
Text: Annette Hoffmann

Pierre Soulages
Museum Art Plus
Museumsweg 1, Donaueschingen.
Dienstag bis Sonntag 11.00 bis 17.00 Uhr.
Bis 21. Januar 2018.
www.museum-art-plus.com

Spätestens nach den 1994 geschaffenen Fenstern für die romanische Kirche in Coques – Pierre Soulages (*1919) verwendete durchscheinendes Glas, das auf die vorherrschenden Lichtverhältnisse reagiert und das er mit einem schwarzen Bleinetz rhythmisiert – konnte man wissen, dass seine Aussagen über die Bedeutung des Lichts für seine Arbeit nicht nur Aperçus waren. Paradox ist es dennoch, dass Pierre Soulages, der seit 1979 ausschließlich mit der Farbe Schwarz arbeitet, eigentlich ein Maler des Lichtes ist. Soulages hat seinen Bildern den Namen Outrenoirs gegeben, obgleich sie nichts als schwarz sind, weisen sie über die Farbe hinaus. Oder wie es im Museum Art Plus, wo derzeit eine Präsentation seiner Werke gezeigt wird, in einem Zitat des Künstlers heißt: „Meine Malerei ist gar nicht schwarz. Schwarz ist eine Farbe des Lichtes.“ Soulages gehörte 1955 zu den Teilnehmern der ersten documenta und war auch auf zwei weiteren Ausgaben in Kassel vertreten. Weiß man das, überrascht es schon weniger, dass das Plakatmotiv der Donaueschinger Musiktage 1969, wie im Museum Art Plus zu sehen, eine Grafik Soulages‘ war. Soulages hat in den letzten Jahren eine bemerkenswerte Wiederentdeckung im deutschsprachigen Raum erlebt. 2010 war im Martin Gropius-Bau eine große Retrospektive des französischen Künstlers zu sehen.

Zwei Räume mit sehr unterschiedlichen Lichtverhältnissen sind dem Künstler gewidmet. Sie werden umrahmt von zwei Sälen mit Bildern und Skulpturen der Sammlung Margit Biedermann, die entweder die Farbe aufgreifen oder ihre reliefartige Oberfläche und darüber hinaus ein Schlaglicht auf die Sammlung werfen. Zugleich demonstrieren sie die Qualitäten von Soulages‘ Arbeiten. Zeigt ein frühes Bild von 1972 noch neben dem Schwarz ein tiefes Blau, aber auch die Struktur des Pinsels, so sind die späteren Arbeiten der 1990er bis 2010er-Jahre rein schwarz. Doch was heißt schon schwarz? Soulages schafft mit der Farbe matte und glänzende Flächen, so dass der Eindruck von Bitumen bis hin zu Lack variiert. Zudem modelliert er die Oberflächen, auf denen dick Farbe aufgetragen ist, mit Spachteln und Eisenhaken. Auf einer dreiteiligen Arbeit lenken horizontale Streifen das Licht, auf einer anderen zweiteiligen Arbeit hat Soulanges die quer verlaufenden Streifen sowohl was die Breite als auch das Intervall betrifft, verändert. Bewegt man sich vor diesen großformatigen Arbeiten, tastet das Licht verstärkt die Struktur des Farbauftrags ab, versinkt in senkrechten Streifen und setzt Lichtpunkte auf den kleinen Einkerbungen. Dies funktioniert im kleineren der beiden Räume deutlich besser als im größeren, der relativ dunkel ist. Schlicht „Peinture“ nennt Soulages seine Arbeiten und fügt dann das Entstehungsdatum bei. Einer anderen Systematik als seiner eigenen Begeisterung muss er dabei nicht folgen.