Owen Gump, The Narrow

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9. Februar 2017
Text: Jolanda Bozetti

Owen Gump, The Narrows.
Kunstverein Freiburg, Dreisamstr. 21, Freiburg.
Dienstag, Donnerstag bis Sonntag 12.00 bis 18.00 Uhr, Mittwoch 12.00 bis 20.00 Uhr.
Bis 5. März 2017.
www.kunstvereinfreiburg.de

Was ist noch übrig vom Mythos des amerikanischen Westens, der Freiheit und der unbegrenzten Möglichkeiten angesichts der endlos weiten Landschaft? Was hat der Mensch aus dieser Landschaft gemacht, wie hat er in sie eingewirkt? Für seine Fotoserie „The Narrows” erkundete der in Berlin und Nordkalifornien lebende Fotograf Owen Gump (*1980) das Tahoe Reno Industrial Center, einen über 12.000 Hektar großen Industriepark in Nevada. Große Firmen siedelten sich in den letzten Jahren dort an. Der Autobauer Tesla etwa errichtete eine Gigafactory zur Herstellung von Lithium-Ionen-Batterien. Es ist die weltweit größte Produktion für den globalen Markt, mitten in der Wüste. Gumps Fotografien dokumentieren die komplexe Verbindung von Mensch, Landschaft und Technik in dieser Region. Der Titel spielt an auf die geografische Beschaffenheit der Gegend mit dem Flusstal des Truckee River, durch das eine Autobahn und die erste transamerikanische Eisenbahn führen. Und er setzt bewusst einen Kontrast, denn hier werden Bilder von Landschaften mit Enge in Verbindung gebracht.

Owen wählt dafür meist einen hohen Horizont, es ist kaum ein weiter Himmel zu sehen. Blicke über karg bewachsene Hügelketten wechseln sich ab mit Close-Up Aufnahmen verbrannter Erde und Geröllhaufen. Riesige Hallen liegen wie hermetisch verschlossene Boxen mitten in der Landschaft, die hier vor allem Oberfläche ist, Raum zur Expansion für die Industrie. Einige Gebäude sind noch in Entstehung. Owen Gump dokumentiert die von Menschen veränderte Landschaft. Die Akteure sind nie zu sehen. Umso deutlicher die Markierungen, die sie setzen. Straßenzüge und Wasserwege, künstlich angelegte Kanäle, die geradlinig den geschwungenen Hügeln gegenüberstehen. Natur und Kultur befinden sich im Kontrast zueinander. Immer wieder Zäune und Absperrungen, die keine ersichtliche Funktion haben. Der schweifende Blick in die Ferne wird oft von Mauern gestoppt. Eine vom Sonnenlicht ausgebleichte Betonwand etwa zeigt noch den Schriftzug und das Firmenlogo Alcoa. Das Branding wird zur Zeichnung.

Die Reduktion auf Schwarz und Weiß verschärft die Konzentration auf die formale Struktur der Bilder. Viele sind in markante Licht- und Schattenzonen unterteilt. Gebäude und Straßen schieben sich wie Riegel in die Landschaft und ins Bild. Es entstehen Spiele mit Diagonalen, mit Geometrie. Die Fotos sind nüchtern, subjektiv, unaufgeregt. Gumps Blick ist beobachtend, zeigend, ohne bewerten zu wollen. Das kleine Format verhindert ein immersives Schauen, der Betrachter bleibt außenstehender Beobachter der Szene. Ein lohnender Rundgang durch den  Freiburger Kunstverein, der zum Nachdenken anregt.