Solo! Phil Sims: Präsenz des Elementaren

Review > Freiburg > Kunstraum Alexander Bürkle
10. Juni 2017
Text: Manuel van der Veen

Solo! Phil Sims.
Kunstraum Alexander Bürkle, Robert-Bunsen-Str. 5, Freiburg.
Dienstag bis Freitag, Sonntag 11.00 bis 17.00 Uhr.
Bis 17. September 2017.
www.kunstraum-alexander-buerkle.de

Der erste Raum der Ausstellung „Solo! Phil Sims“ ist aufschlussreich: eine schwarze und eine weiße Malerei aus den 1990er Jahren stehen gemeinsam einem Bild von schimmernden Grünschattierungen von 2017 entgegen. Eine Gegenüberstellung, die im Kunstraum Alexander Bürkle eine Bandbreite des Monochromen verspricht. Weiß und Schwarz erscheinen bei Sims (*1940) nicht als Enden eines Spektrums, als Nichtfarben, nein, sie hängen da mit ausdauernd-konzentriertem Duktus, als facettenreiches Paar, als einmalige Präsenz von Farbe. Die breiten, horizontalen Pinselspuren von „Green Sea Painting“ flimmern vor einem dunklen Blau, dünn leuchtend, um sich an die reine Stofflichkeit ohne Weiß zu schmiegen. 

Daneben Tonwülste auf einem Sockel, ein vertikal durchwachsenes Gebilde mit einem der Bewegung folgendem Glanz. Die Keramiken und Teeschalen, denen später ein ganzer Raum zu eigen ist, bieten einen wunderbaren Anlass, über das Elementare der Farbe in Malerei und Natur nachzudenken. Die im Ofen gebrannten Skulpturen sind mit einer natürlichen Ascheanflugglasur versehen. Es ist ein schwieriges und altes japanisches Verfahren den Ton zu brennen, bei dem die Kontrolle weitgehend versagt und die Farben der Asche im Strom der Hitze tanzen. Nähe und Neigung zum Feuer entscheiden das Spiel. Das Monochrom handelt immer auch von einer Grenze, bei Phil Sims eine elementare Grenze zwischen mechanischer Materialbedingtheit und meditativer Immersion in die Substanz der Farbe. So kennt die Asche nur eine Richtung, frontal prallt sie im Flug gegen die Front von „Tea Bowl” (2010) und erzeugt dieses reflektierende Funkeln des Valeurs, während die Rückseite erdig bleibt, Material bleibt, Ton mit Rissen bleibt. Die Skulpturen und Malereien als Objekte in der Brandung der Farbe. Die Erde der Malerei: das Material der Leinwand, die objekthafte Dicke der Rahmen und die zum Körper korrelierenden Formate. Meditativ dagegen diese Sinnlichkeit von schweren oder sanften, scheinenden oder dichten Farben.

Die unterschiedlichen Räume bieten nicht nur verschiedene Farbvariationen und einen Querschnitt durch das Oeuvre von Sims an, einmal als Widmung an eine einzige Farbe, Grün, ein andermal schwer und massiv mit Materialbrocken auf der Oberfläche. Man kann sich in diesen Räumen der Farbe hingeben, aber man kann auch, und hier liegt die Stärke dieser Ausstellung, visuell nachvollziehen, was die basalen Untersuchungsschwerpunkte der Malerei bieten und fordern. Die Realität der Malerei zeigt sich durch ihren Vorgang. Direkte Bezüge zu Kunstgeschichte und traditionellen Maltechniken. Beispielsweise zu Tizian oder wie im vorletzten Raum die „Seapaintings“. Sie sind eine Untersuchung von Corinths „Walchensee bei Mondschein“. Fast schon kann man spüren wie das Nebeneinander der Farben bei Corinth, sich in eine Schichtung und Gleichzeitigkeit einer Farbemulsion bei Sims wandeln. 

Phil Sims hat sich durch und durch der Farbe verschrieben. Ein Vertreter der Radikalen Malerei, zu der auch Marcia Hafif, Günter Umberg und Robert Ryman gezählt werden. Anschaulich als kontinuierliche Forschung an der Farbe, ihrem Material und ihrem Leuchten. Der fünfte Raum – der Raum mit den größten Bildern, den „Navigator Paintings” – ist gleichzeitig der Intimste. Ein Navigator hat Ahnung von einer Richtung. Stehend vor einer Nebelwand aus Gelb, in die einiges Weiß gemischt wurde und durch das in dünnen Schwaden ein helles Orange funkelt, beginnt man nach einiger Zeit zu wogen. Man wird von diesen massiven, aber numinosen Farbschlieren und dem Funkeln in Orange verführt, dann lüftet der Nebel die Massivität, öffnet den Grund auf die Grundierung und antwortet mit bloßem Gewebe und Transparenz.

Wie im ersten Raum, in dem das Sonnenlicht durch ein Fenster bricht, um mit dem roten Monochrom daneben zu wetteifern, zeigt „Solo! Phil Sims” insgesamt die umfassende Möglichkeit der Farbe, ähnlich des wechselnden Lichteinfalls am Tag, eine je individuelle Stimmung zu erzeugen.