Magische Frauen.
Draiflessen Collection, Georgstr. 18, Mettingen.
Mittwoch bis Sonntag 11.00 bis 17.00 Uhr, jeder erste Donnerstag im Monat 11.00 bis 21.00 Uhr.
26. Oktober 2025 bis 22. Februar 2026.
Die Draiflessen Collection lädt zu einer Ausstellung, die den rationalen Kanon der Moderne gezielt unterwandert. Magie durchdringt Sprache und Alltag. Zu sehen sind Positionen des 20. und 21. Jahrhunderts, die Okkultismus, Ritual und feministische Selbstermächtigung nicht als Randnotiz, sondern als künstlerische Ressource ernst nehmen. Wo Social-Media-Feeds Tarotkarten, Astrologie und „Witch-Tok“ feiern, verweist die Schau auf historische Tiefenschichten: Magische Denkweisen existieren seit Jahrhunderten als Gegenmodell zu streng linearem Fortschrittsglauben, wurden aber lange als Aberglaube abgewertet.
Die Schau schlägt einen Bogen von frühen spiritistischen Experimenten bis zu Strategien, in denen Körper, Identität und Mythos verhandelt werden. Zentral ist die Figur des Weiblichen im kulturellen Imaginarium des Magischen – Hexe, Seherin, Hohepriesterin – ambivalent zwischen Faszination und Dämonisierung. Gerade diese Ambivalenz nutzen die Künstler*innen, um Zuschreibungen zu verschieben und patriarchale Machtbilder zu brechen. Mit Arbeiten von Myrlande Constant, Cordula Ditz, Mary Beth Edelson, Bev Grant / W.I.T.C.H., Vivian Greven, Rebecca Horn, Ana Mendieta, Zanele Muholi, Wangechi Mutu, Rosana Paulino, Paloma Proudfoot, Gillian Wearing und Portia Zvavahera entsteht ein Panorama weiblicher und queerer Selbstbehauptung. Die Medien reichen von rituell anmutender Textilkunst über performative Gesten und fotografische Selbstinszenierung bis zu skulpturalen Eingriffen, die Normsysteme buchstäblich ins Wanken bringen.
Die Ausstellung liest Spiritualität nicht als Eskapismus, sondern als Erkenntnisinstrument. Sie fragt nach der politischen Dimension von Ritual und nach der Kraft kollektiver Narrative jenseits westlich-rationaler Ordnung. Wer definiert Wirklichkeit? Wessen Erzählungen gelten als glaubwürdig, wessen als „Aberglaube“? Indem der Blick auf das Magische aus Stereotypen gelöst wird, öffnet sich ein Raum für Körper- und Geschlechterpolitiken, für Erinnerungsarbeit und kulturelle Hybridität.
Die Draiflessen Collection liefert damit kein Wunderkabinett, sondern eine pointierte Untersuchung darüber, wie Kunst Machtfragen in mythische Bilder übersetzt und gesellschaftliche Normen zur Disposition stellt. Im Spannungsfeld zwischen Rationalität und gelebtem Glauben erweist sich das Magische als produktive Störung: Es irritiert, befragt und macht sichtbar, wie fluide Identität, Ordnung und Wahrheit tatsächlich sind





