Joana Vasconcelos: Le Château des Valkyries

Joana Vasconcelos, Finisterra, 2018. © VG Bild-Kunst, Bonn 2024, Ausstellungsansicht Reithalle Schloss Gottorf, Foto: Marcus Dewanger
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10. Juli 2024
Text: Julia Lucas

Joana Vasconcelos: Le Château des Valkyries
Schloss Gottorf, Schlossinsel 1, Schleswig.

Dienstag bis Freitag 10.00 bis 17.00 Uhr, Samstag bis Sonntag 10.00 bis 18.00 Uhr.

Bis 3. November 2024.

www.museum-fuer-kunst-und-kulturgeschichte.de

[—artline Nord] Eigentlich tummeln sich Walküren in der nordischen Mythologie traditionellerweise auf dem Schlachtfeld. Von hier aus begleiten sie gefallene Krieger in das ewige Reich Walhalla oder verdrehen ihnen zu Lebzeiten gerne den Kopf. Bei der portugiesischen Künstlerin Joana Vasconcelos haben sie das kriegerische Feld gegen die fürstliche Architektur auf Schloss Gottorf getauscht. Ihre sinnlich-theatralischen Werke zeigte Vasconcelos bereits auf der Biennale in Venedig 2005 und 2013 sowie im Guggenheim-Museum in Bilbao und in den Schlossräumen von Versailles.

Auf Schloss Gottorf, im Kreuzstall und in der Reithalle versammelt Vasconcelos nun in der raumgreifend angelegten Sonderschau „Le Chateau des Valkyrie“ ihre farbenprächtigen Damen aus Strick, Spitzen, Stoffen, Wolle, Häkelwerk und integrierter LED-Beleuchtung. Im Eisenkunstmuseum Büdelsdorf wartet sie mit einer schmiedeeisernen Installation auf, die Vasconcelos breiten Materialfundus nunmehr um ein „hartes“ Element erweitert. Was die Arbeiten der Künstlerin, deren Eltern nach der friedlichen Nelkenrevolution 1974 aus dem französischen Exil wieder nach Portugal zurückkehrten, besonders auszeichnet, ist ihre raumgreifende Qualität. Damit machen sie sich die sich die Orte, die sie bespielen, gänzlich zu eigen. Dazu addiert Vasconcelos ihre Wertschätzung traditioneller portugiesischer Handwerkskunst und weiblicher Handarbeitstechniken in ihr umfangreiches Werk, welches deutliche Referenzen an die Ästhetik des Surrealismus und der Pop-Art des frühen 20. Jahrhunderts zeigt. Die so entstandenen Arbeiten wie „Thyra“ oder „Marina Rinaldi“ oder auch „Martha“ und „Flaming Heart“ nehmen mit dem Betrachter Kontakt auf, korrespondieren mit ihm, in dem sie wie bei „Flaming Heart“ mit tentakelartigen Stoffvenen in den Raum hineingreifen. Stets rücken sie das wichtiges Kernthema im Werk von Vasconcelos in den Fokus: den Status der Frau und den Wert ihrer weiblichen Produktivität für die Gesellschaft.

Insbesondere die Technik des Strickens und Häkelns, die beinah als Signatur der zahlreichen Walküren gesehen werden kann, wird traditionell soziologisch mit der Arbeit von Frauen in Verbindung gebracht. Vornehmlich findet diese Arbeit im häuslichen Bereich statt, während die Arbeit der Männerwelt im öffentlichen Raum ausgeführt wird. Die Arbeit „Pantelmina Nr. 1“ steht hierbei auch auf Schloss Gottorf Pars pro toto für den künstlerischen An­spruch Vasconcelos, dieser faszinierend anderen, aber gleichwohl überzeugenden weibliche Ästhetik selbstbewusst Räume in der zeitgenössischen Kunstwelt zuzuweisen.