Zwei. Zur Aktualität des Duos: Basislager der Kunst

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Mehmet & Kazim, Ausstellungsansicht Städtische Galerie Villingen-Schwenningen, Courtesy the artists, Zwei. Zur Aktualität des Duos, Ausstellungs­ansicht Städtische Galerie Villingen-Schwenningen, Foto: Michael Kienzler
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4. März 2024
Text: Annette Hoffmann

Zwei. Zur Aktualität des Duos.
Städtische Galerie Villingen-Schwenningen, Friedrich-Ebert-Str. 35,Villingen-Schwenningen.
Dienstag bis Sonntag 13.00 bis 17.00 Uhr, Donnerstag 13.00 bis 20.00 Uhr.
Bis 28. April 2024.
Finissage mit Performance von Discoteca Flaming Star um 20.00 Uhr.
www.zwei-vs.de

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Mehmet & Kazim, Ausstellungsansicht Städtische Galerie Villingen-Schwenningen, Courtesy the artists, Zwei. Zur Aktualität des Duos, Ausstellungs­ansicht Städtische Galerie Villingen-Schwenningen, Foto: Michael Kienzler
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FORT, aus der Serie: Melancholia, 2023, Courtesy the artists, Zwei. Zur Aktualität des Duos, Ausstellungs­ansicht Städtische Galerie Villingen-Schwenningen, Foto: Michael Kienzler
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FORT, aus der Serie: Melancholia, 2023, Courtesy the artists, Zwei. Zur Aktualität des Duos, Ausstellungs­ansicht Städtische Galerie Villingen-Schwenningen, Foto: Michael Kienzler

Dass sich zwei zusammentun, um eine Ausstellung über das Künstlerduo zu kuratieren, ist nur konsequent. Fünf Paarungen haben Stephan Rößler und Marie-Luise Zielonka zur Ausstellung „Zwei. Zur Aktualität des Duos“ in die Städtische Galerie Villingen-Schwenningen eingeladen als eine Art Gegenentwurf zum Kollektiv, wie es etwa die letzte Documenta geprägt hat. Während in der Gruppe gerne mal jemand ausschert, breitet ein Duo die Decke des Schweigens über Meinungsverschiedenheiten und Machtstrukturen aus, solange der Mehrwert überwiegt. Die Cousins Mehmet & Kazim jedenfalls hatten sich bereits als Duo an der Kunstakademie München beworben, da waren sie schon einige Jahre zusammen in der Graffiti- und Breakdanceszene unterwegs. Ihre beiden Figuren, die uns mal auf Bildern, mal auf animierten launigen Filmen begegnen, spielen mit dieser Doppelidentität und da sie Medaillons mit den Initialen von Mehmet und Kazim tragen, könnte man sie also für Alter Egos der beiden Künstler halten. Auch wenn ihre Augen wie von Philip Guston gemalt aussehen und ihre übergroßen Köpfe und die kleinen Körper wirken als beständen sie aus Bauschaum oder weißen und roten Weingummischnüren. Manchmal tauchen sie in Unterwasserwelten ab, manchmal gleiten sie Hand in Hand auf Rollerblades durch den Raum. Sie ergänzen sich prima: „No“ und „Art“ steht auf ihren weißen T-Shirts als hätten sie jenseits der Kunst überhaupt eine Daseinsberechtigung.

Für Cristina Gómez Barrio und Wolfgang Mayer, die sich 1998 in Berlin zu Discoteca Flaming Star zusammenschlossen, war das Duo von Beginn an vor allem Ausgangspunkt für Kollaborationen. Vielleicht, weil sie ein Interesse an der Musik verband und Pop-Geschichte immer eine der geteilten Autorschaft war. In ihrer Installation „Void of White“, die sie 1998 erstmals zeigten, collagieren sie Texte von Mary Shelleys „Frankenstein“, von Plutarch und aus Goethes Briefroman „Die Leiden des jungen Werther“ sowie John Miltons epischem Gedicht „Paradise Lost“. Gesprochen wird der Text von der Transperson Joey Arias, die ihn zwischen Hochsprache, Gesang und Gemaule zelebriert. Im Nebenraum hängt er wie eine vielstimmige Partitur hinter Glas aus. Darüber sieht man die Aneinanderreihung von Fotos, die die Tonspur als Projektion begleiten und die Blicken in den Himmel gleichen, tatsächlich jedoch Aufnahmen schneebedeckter Motorhauben sind. Auch ihre Teppiche der „Alfombra-Studies“ nehmen für sich nicht in Anspruch, das Werk einer einzelnen Künstlerpersönlichkeit zu sein. Diese „Studien“ gehen auf Abbildungen der Teppichsammlung des Metropolitan Museum of Art in New York zurück, auf denen Discoteca Flaming Star einzelne Wörter in den Übermalungen aussparte. In der Städtischen Galerie Villingen-Schwenningen sind auf dem Boden zudem einige ihrer Teppiche ausgelegt, die steif vor Farbe sind, einzelne Ornamente sind noch zu sehen und Wortfolgen wie „healinganddreaming und Ahnung“.

Von einem Trio auf ein Duo haben sich Alberta Niemann und Jenny Kropp verkleinert. Wie sich die Zusammenarbeit von FORT dadurch verändert hat, darüber lässt sich nur mutmaßen wie überhaupt alle diese Paarungen in der Ausstellung „Zwei. Zur Aktualität des Duos“ eine Black Box bleiben. Wie sich die Kunstschaffenden jeweils beeinflussen, wie sie sich prägen, ganz pragmatisch die Arbeit teilen, bleibt ein Geheimnis. Und vielleicht könnten sie – wie Paare, die schon viel Lebenszeit geteilt haben –  es nicht einmal auseinanderdividieren. Bei ihrer Bilderserie „Melancholia“ ist es Teil des Konzepts von FORT, künstlerische Verantwortung abzugeben. Die Blumenstillleben bereits verstorbener Malerinnen und Maler haben sie auf Ebay erstanden. Und glaubt man den Sprechblasen auf den Bildern, die etwa „I will die“ verkünden, werden auch all die Astern und Nelken bald tot sein. Im Bild ist der Moment des sich ankündigenden Verfalls festgehalten.