Isaac Julien. Kaiserring der Stadt Golsar

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20. Dezember 2022
Text: Bettina Maria Brosowsky

Isaac Julien.

Mönchehaus Museum,
Mönchestr. 1, Goslar.
Dienstag bis Sonntag 11.00 bis 17.00 Uhr.
Bis 29. Januar 2023.

www.moenchehaus.de

[—artline Nord] Der seit 1975 in Goslar vergebene Kunstpreis des Kaiserrings gilt, obwohl undotiert, als einer der weltweit renommiertesten im Bereich der Gegenwartskunst. Dieses Jahr ging er an den Briten Isaac Julien, 1960 in London geboren und dort mit seinem Studio ansässig. Er wird für sein Werk aus Film, Video und Fotografie geehrt, mit dem er den „künstlerischen Diskursen um Migration, Rassismus und Di­versität wegweisende Impulse gegeben hat“, vermerkt es die Urkunde. Diese Charakterisierung zeigt aber auch, welch große Wandlung der Preis in den zurückliegenden 47 Jahren vollzogen hat. Der Blick der Jury weitete sich in den 1990er Jahren etwa nach Osteuropa, gab anschließend jeglichen Eurozentrismus auf, bezog neben Malerei und Skulptur die Fotografie, Bewegtbilder und neue Medien ein, öffnete sich für politische Aussagen zu Kolonialismus, Sexismus und sexueller Selbstbestimmung oder globalen, ökonomisch-ökologischen Verwerfungen.

In der Person Isaac Julien fallen nun viele dieser Aspekte glücklich zusammen. Er ist zudem der ers­te Schwarze Künstler im Reigen des Kaiserrings, befasst sich mit der Befreiung der Sklav:innen in den USA, modernen Bürgerrechtsbewegungen so­wie der Homosexualität Schwarzer und der mehrfachen, gesellschaftlichen Ausgrenzung ihrer männlichen Protagonisten. Dieses Themenspektrum zeigt Juliens Goslarer Präsentation nun äußerst pointiert, denn sie reduziert sich auf einen frühen und einen aktuelleren Film. Beide werden durch großformatige Fotografien ihrer Szenen und Darsteller:innen be­gleitet, die Julien als eigenständige Werke konzipiert.

Der 45-minütige Film „Looking for Langston“ von 1989 ist dem Dichter Langston Hughes (1901–1967) gewidmet. Er gilt als ein Vertreter der „Jazz-Poesie“ der 1920er Jahre. In Schwarz-Weiß verschränkt Julien historisches Bildmaterial mit neu produzierten, glamourös inszenierten Sequenzen aus einem Nachtclub, den eine elegante Homosexuellengemeinschaft Schwarzer und Weißer frequentiert. Der zweite 26-Minüter „Lessons of the Hour“ wurde dreißig Jahre später verfasst und greift tiefer zurück in die Geschichte. Sein Protagonist ist der Freiheitskämpfer Frederick Douglass (1818–1895), als Sklave aufgewachsen, auch in Europa aktiver Abolitionist und Vortragsreisender.

Seit 2018 lehrt Isaac Julien in Kalifornien. In diesem Jahr wurde er in den britischen Adelsstand erhoben und, bedeutender für einen Filmkünstler, in die US amerikanische Academy of Motion Picture Arts and Sciences berufen, die alljährlich die Oscars vergibt.