Die andere Hälfte der Menschheit

Bücher
5. September 2021
Text: Annette Hoffmann

Rebekka Endler, Das Patriarchat der Dinge. Warum die Welt Frauen nicht passt.
Dumont Verlag, Köln 2021, 336 S., 22 Euro, ca. 31.90 Franken.

Viel war in dieser Pandemie die Rede davon, dass Viren anders wirken, je nachdem ob Männer oder Frauen sich anstecken. Vielleicht hat diese Erkenntnis mehr bewirkt als viele Grundsatzdebatten. Rebekka Endlers Buch „Das Patriarchat der Dinge“ ist jedenfalls derart auf dem neuesten Stand, dass auch Covid-19 Platz in ihrem Buch gefunden hat. Damit kein Irrtum aufkommt, es geht der 1984 geborenen Kölner Journalistin nicht etwa um Design­objekte wie Philippe Starcks Zitronen­presse, die irgendwie phallisch aussieht, vor allem aber einfach unpraktisch ist, sondern um Strukturen. Und diese Strukturen haben weit reichende Folgen. Sie gehen meist darauf zurück, dass Frauen zwar die Hälfte der Menschheit ausmachen, aber es nach oben, wo Entscheidungen gefällt werden, sehr männlich wird. Das hat Kon­sequenzen auf Dummys und Arzneistudien. Immer ist der männliche Körper das Maß aller Dinge. Mit dem Resultat, dass wesentlich mehr Frauen in Unfällen umkommen, weil die Autos größeren und schwereren Körpern mehr Sicherheit bieten, und auch, dass die Dosierung von Medikamenten nicht stimmt.  Rebekka Endlers Ton ist journalis­tisch, er ist mitunter unterhaltsam und oft polemisch. Und es geht ein bisschen wild durch alle Bereiche der Gesellschaft. Aber es ist ja auch zum Aufregen, dass die großen Gewinne am Kunstmarkt lediglich mit einer Hand voll Künstlerinnen gemacht werden, die zumal überwiegend tot sind. Und dass Frauen, wenn sie einen Herzinfarkt erleiden, oft für psychisch labil gehalten werden.