Corona Studios I: Thomas Kitzinger

Thomas Kitzinger, A1-20, 200 x 120cm, 2020, Öl auf Aluminium
Thema > Corona Studios I
15. Mai 2020
Text: Thomas Kitzinger

Thomas Kitzinger, *1955, lebt und arbeitet in Freiburg i.Br.
Das PEAC Museum Freiburg widmet Thomas Kitzinger derzeit eine große Einzelausstellung mit Porträts aus der Serie „24.10.1955“ (24. Mai bis 20. September 2020).
thomas-kitzinger.de

Thomas Kitzinger, A2-20 , 120 x 200 cm, 2020, Öl auf Aluminium
Thomas Kitzinger, A5-19, 120 x 70 cm, und A4-19, 120 x 70 cm, beide 2019, Öl auf Aluminium, Foto: Bernhard Strauss

Ich habe in den vergangenen Wochen viel an der Ausstellung gearbeitet, die ab Ende Mai im PEAC Museum zu sehen sein wird.
Wir hatten früh mit der Hängung angefangen, so dass genug Zeit war, um vor Ort zu sehen, was funktioniert und was nicht. So etwas treibt mich immer sehr um. Jetzt bin ich froh, wie sie hängt.

Ansonsten hat sich durch den Corona-Lockdown für mich nur wenig verändert. Ich male nach wie vor und freue mich über die Ruhe, die es jetzt gibt. Sie kommt mir sehr entgegen. Ich reise zum Beispiel nicht gerne. Am liebsten bin ich zuhause, lese, habe mein Radio und meine Musik. Dass das Reisen jetzt flach fällt, finde ich gut. Für mich ist Arbeiten in gewisser Weise wie Freizeit. Im Grunde genommen genieße ich diesen Kampf mit den Bildern, auch wenn ich oft nicht zufrieden bin.

Ich probiere zurzeit viele neue Sachen aus. Seit Anfang März arbeite ich an Bildern, die fast schon abstrakt wirken, aber in ihrer tromp-l’œil-artigen Komposition aus Abdrücken und Schatten in einem vagen Raum auch etwas merkwürdig Unwirkliches haben. Was mich daran interessiert ist, dass diese Bilder einerseits fast realistisch wirken, aber anderseits nichts zeigen außer eine Idee von Räumlichkeit. Ganz lapidar und organisch.

Ob dieses Interesse etwas mit den Auswirkungen der aktuellen Coronakrise zu tun hat? Ich denke nicht. Eher habe ich das Gefühl, dass die plötzliche Ruhe all das intensiviert, was ich sowieso schon in mir habe. Man trifft nicht mehr so viele Leute. Es ist nicht mehr so hektisch. Man nimmt die Formen anders wahr und die Schatten. Die Dinge wirken auf einmal auf fast angenehme Weise geisterhaft, vielleicht wie auf einem Bild von De Chirico.

Neben dem Malen und der Vorbereitung meiner Ausstellung habe ich in den letzten Wochen viel Zeit mit Büchern verbracht – unter anderem mit Thomas Pynchons „Die Ende der Parabel“ – das war für mich früher DAS Buch. Jetzt ist es pünktlich zum Lockdown als Hörspiel erschienen.
— Protokoll: Dietrich Roeschmann



Corona Studios II ist ein Projekt der Redaktion artline.org,
ermöglicht dank großzügiger Unterstützung vom Kulturamt der Stadt Freiburg