Corona Studios I: Dietrich Schön

Ansicht aus dem Atelier, Villa Mitscherlich, Mai 2020, Fotos: Dietrich Schön
Thema > Corona Studios I
12. Mai 2020
Text: Dietrich Schön
Ansicht aus dem Atelier, Villa Mitscherlich, Mai 2020, Fotos: Dietrich Schön
Ansicht aus dem Atelier, Villa Mitscherlich, Mai 2020, Fotos: Dietrich Schön

Vielleicht gehöre ich zu den wenigen Privilegierten, die nur sehr wenig eingeschränkt sind durch die Anti-Corona-Maßnahmen.
Für mich gibt’s kein homeoffice oder „homepainting“, ich kann jeden Tag ins Atelier und dort wie auch alle die Jahre zuvor still, alleine meine Bilder zeichnen oder Skulpturen entwerfen; sogar ohne Mundschutz und 2 m Abstand. Die Villa Mitscherlich, in der ich mein Atelier habe, liegt ja geradezu paradiesisch und wenn’s im Kopf brummt, mache ich einfach einen Spaziergang im Sternwald.
Im März und April beendete ich ein Bild aus der Gruppe der „4 Jahreszeiten“,die ich schon vor 3 Jahren begonnen habe, den Winter – Öl auf Baumwolle; im Moment arbeite ich am Frühling: frisches helles Grün, verschiedene Gelbtöne: Löwenzahn, Sumpfdotterblume, Schlüsselblume, Hahnenfuß, bläulich / Fliederfarbenes, Kirschblütenweiss usw … – eine harte Nuss! Vorsicht Kitsch! –

Ich lasse mir ein bisschen mehr Zeit – ich bin ja sonst ein „schwäbischer Schaffer“ – Vielproduzierer, lese mal in diesem oder jenem Buch (z.B. Julian Barnes’ „Kunst sehen“) oder in Katalogen und entdecke dies und das und Altes neu: Courbet, Hodler, Schuch, Chardin, Corot, Schuhmacher, Poliakoff, Leroy, Gao Xingji, Pei-Ming, Kocherscheidt, Ghenie und und … um nur ein paar Maler zu nennen.
Zufällig habe ich wieder eine alte CD entdeckt. Das Cecyl Taylor Quintett mit dem Freiburger Geiger Harald Kimmig, aufgenommen 1989 in Berlin, der Titel der Platte: CORONA. Sowieso höre ich viel Musik und sitze viel am Klavier und spiele kreuz und quer …

Meine Gedanken spinnen sich auch in die Zukunft: Diese Viruskrise zeigt doch einmal deutlich – nichts ist sicher, gar nichts, so ein kleines „Scheiß-Ding“ legt die ganze Welt lahm –, was nützen all diese hochspezialisierten, technisch genialen Errungenschaften, Profitmaximierungen, Vorsorge, Versicherungen usw., da wird fast alles auf Null gesetzt: die Kultur, die Bildung, die Wirtschaft.
Jetzt spüren wir vielleicht, wie zerbrechlich und verletztlich doch diese Welt, dieses Leben ist und wie wichtig es ist, dieses Wunder zu achten und zu schützen.



Corona Studios II ist ein Projekt der Redaktion artline.org,
ermöglicht dank großzügiger Unterstützung vom Kulturamt der Stadt Freiburg