Corona Studios I: Ulrike Gerst

Ulrike Gerst, Bürgerpark Pankow II, Aquarell auf Papier, 29,7 x 42 cm, 2020, Courtesy the artist
Thema > Corona Studios I
28. April 2020
Text: Ulrike Gerst

Ulrike Gerst, *1953, lebt und arbeitet in Freiburg und Berlin.
Die Künstlerin zeigt im nächsten Frühjahr eine Einzelausstellung in der Kreuzkirche, Nürtingen, vom 7. März bis 5. April 2021.
www.ulrikegerst.de

Ulrike Gerst, Bürgerpark Pankow II, Aquarell auf Papier, 29,7 x 42 cm, 2020, Courtesy the artist
Ulrike Gerst, Bürgerpark Pankow II, Aquarell auf Papier, 29,7 x 42 cm, 2020, Courtesy the artist

Die Serie „Bürgerpark Pankow II“ gehört zu einer anderen Serie, die der Springbrunnen, an denen ich seit drei Jahren arbeite – bisher Öl auf Leinwand.
Als absehbar war, dass es in Zeiten der Corona-Pandemie zu eingeschränkten Kontakten oder gar einer Ausgangssperre kommen könnte, habe ich im Atelier Bleistifte, Papier, Aquarellfarben und Fotos zusammengepackt und zuhause einen Arbeitsplatz eingerichtet. Vier Wochen lang wollte ich nicht ins Atelier, obwohl dies ohne Probleme gegangen wäre, da ich in unserem Atelierhaus nur vereinzelt Kollegen treffe. Ausgesucht hatte ich mir für diese besondere Zeit des Rückzugs und des Stillstandes Fotos, die ich 2019 im Bürgerpark Pankow – in der Nähe meines Berliner Ateliers gemacht hatte. An diesem Tag waren in den kleinen Springbrunnen des Parks statt der Fontänen nur Blasen zu sehen, deren Kumulierung in den kleinen Becken ungewöhnliche Formen aufwiesen.

Interessiert haben mich an diesen Fotos die Strukturen, die durch die Anhäufung und das willkürliche Zusammensein der Blasen entstanden sind, sowie deren unterschiedliche Größe; meine Intention waren Arbeiten, die durch die Auflösung der Formen an der Grenze zwischen Gegenständlichkeit und Abstraktion angesiedelt sind, quasi Hybride. Diese Arbeiten erfordern von mir ein hohes Maß an Geduld, Ausdauer und Konzentration – mit vielen Pausen. Besonders die Vorzeichnung ist sehr zeitintensiv. Sie muss sehr genau sein, da die hellen Stellen ausgespart werden. Beim raschen Aquarellprozess kann ich diese Entscheidungen nicht treffen, dies muss vorab geschehen.

Diese Arbeitsweise erschien mir angemessen für diese außergewöhnliche Situation; in Verbindung mit dem Hören der immer selben Musik entstand für mich eine Phase erhöhter Konzentration und Auf-die-Arbeit-Bezogensein, mit gewissen meditativen Momenten. Dazwischen war ich viel draußen, spazieren, habe gelesen… zu Beginn der Beschränkungen fühlte ich mich in einem seltsamen Ausnahmezustand und hatte wenig Energie zu arbeiten; die Stille um mich herum fand ich recht irritierend. Erst seit zwei Wochen arbeite ich wieder mehr und mit Freude.

Die erste Arbeit zu dieser Aquarell-Serie ist im Februar in Berlin entstanden – auch in Zurückgezogenheit in der Wohnung während einer Grippe; zwei weitere Arbeiten in den letzten Wochen; jetzt möchte ich wieder im Atelier arbeiten. Auch zur Prüfung der Arbeiten brauche ich das Atelier als Referenz- und Denkraum.




Corona Studios I ist ein Projekt der Redaktion artline.org,
ermöglicht dank großzügiger Unterstützung vom Kulturamt der Stadt Freiburg