Get well soon: Gesundheit!

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Text: Nora Gantert

Get well soon.
Kunsthaus Nürnberg
Königstr. 32, Nürnberg.
Dienstag bis Sonntag 10.00 bis 18.00 Uhr, Mittwoch 10.00 bis 20.00 Uhr.
Bis 1. März 2020.

www.kunstkulturquartier.de

Die Ausstellung „Get Well Soon“ im Kunsthaus Nürnberg will sich mittels sechs künstlerische Positionen mit Bildern von Gesundheit und Genesung in der heutigen Gesellschaft auseinander setzen.Die Videoarbeit von Stanya Kahns (*1968) „Happy Song For You“ zeigt assoziative Bilder von mentaler Gesundheit, bzw. Krankheit, die mit archaisch anmutenden Ritualen der Heilung zu einem vielschichtigen Sinnbild des feinen Grates verbunden werden, der häufig Gesundheit und Krankheit trennt. „Die einzigen Phänomene, denen nach dem Zusammenbruch der Religion noch spirituelle Werte zugeschreiben werden, sind Kunst und Krankheit“, sagt Susan Sontag in ihrem Rolling-Stone-Interview. Diese beiden spirituellen Bereiche der modernen Gesellschaft berühren sich in Kahns Video. An einer Stelle im Video verspeist ein Mann mit verbundenen Augen ein Stück Papier: ist es das ärztliche Rezept, das, ohne nachzufragen gleichsam mit dem Wunsch nach Heilung verschlugen wird? Oder steht dahinter gar der Wunsch wie der Golem durch ein Stück Papier zu neuem Leben erweckt zu werden? Im gleichen Raum ist Linda Weiß‘ (*1970) Installation „Einladung zum Stören“ zu sehen, die den Wunsch nach digital detox, also der zeitweisen Abstinenz von Digitalen Medien und Smartphone thematisiert. Von der Decke hängen lange Kabel wie Lianen, an deren Enden Handyladegeräte dazu einladen, das Smartphone für die Dauer des Ausstellungsbesuchs aus der Hand zu geben und in der Installation aufzuladen. In einem weiteren Raum befindet sich die Arbeit „POSTOPERATIV“ von Benjamin Zuber (*1982), der selbst nach einem Unfall zunächst lange Zeit im Krankenhaus und danach in Reha-Einrichtungen verbringen musste. Zu sehen ist eine Installation, die ästhetisch Rebecca Horn folgt und in der sich aufgespannte Krankenhauskittel mit Bettgestängen zu einem langsamen Tanz drehen.

Die Ausstellung reißt ein gesellschaftlich äußert wichtiges und sensibles Thema an und verpasst die Chance einige schwierige Themen mitaufzunehmen. Zum Beispiel fehlen Stichworte wie Stigmatisierung durch Krankheit, Krankheit als Armutsrisiko oder die Arbeitsbedingungen im deutschen Gesundheitswesen völlig. Ebenso drängt sich Nan Goldins Kampf im Kunst- und Kulturbetrieb gegen den Pharmakonzern Sackler als Aspekt geradezu auf. Sind es doch Fragestellungen wie diese, die sich nicht nur theoretisch, sondern ganz explizit auch in der praktischen Umsetzung auf den Kunstbetrieb auswirken. Wie Susan Sontag es gleich eingangs in ihrem Buch „Krankheit als Metapher“ schreibt: „Krankheit ist die Nachtseite des Lebens, eine eher lästige Staatsbürgerschaft. Jeder, der geboren wird, besitzt zwei Staatbürgerschaften, eine im Reich der Gesunden und eine im Reich der Kranken.“ Denn Gesundheit ist eben mehr als die Abwesenheit von Krankheit.