Toby Binder, Wee Muckers. Youth of Belfast, Kehrer Verlag, Heidelberg 2019, 120 S., 35 Euro, ca. 47.90 Franken.
Seit dem Brexit-Referendum hat sich der deutsche Fotograf Toby Binder mit der Situation und Alltagswelt von Teenagern in Belfast beschäftigt, einem Ort des zerbrechlichen Friedens. Seit dem Karfreitagsabkommen 1998 ist die militante Auseinandersetzung zwischen Katholiken und Portestanten zwar offiziell beendet, der Alltag jedoch ist noch immer geprägt von der strengen Abgrenzung der gegenüber stehenden Gruppen, von drohender Arbeitslosigkeit und einer unsicheren Zukunft. In dem Bildband „Wee Muckers. Youth of Belfast“ hat er nun seine Fotografien zu einer beeindruckenden und berührenden Bildreportage zusammengestellt.
Schon auf den ersten Blick ist klar: die Welten auf der einen oder anderen Seite der Peace-Walls unterscheiden sich äußerlich nicht wesentlich: eine gewisse trostlose Umgebung, Reihenhäuser, Jugendliche, die gemeinsam abhängen. Aus der Einteilung des Buches in Stadtteile lässt sich zwar herausfinden, wo der Bevölkerungsanteil von Protestanten, wo von Katholiken überwiegt, aus den Bildern selbst kann man es meist nicht lesen.
Trostlosigkeit oder Hoffnung? Toby Binders Bilder lassen an die Hoffnung glauben. Und das vor allem aufgrund der eindringlichen und berührenden Fotografien von einer Generation, die den militanten Konflikt, die Atmosphäre von Angst und Bedrohung, gar nicht selbst miterlebt hat.Im Zeichen des drohenden Brexit wird ihre Aussicht auf eine friedliche Zukunft nun in frage gestellt.
Es sind starke Bilder, die ganz ohne Kommentar eine Geschichte erzählen. Der Einleitungstext des Autors Paul McVeigh („Good son“) unterstreicht die Erzählung der Bilder auf kongeniale Weise. Wie die Bilder ist er sachlich beschreibend. Text und Bilder werden trotz des brisanten Themas nicht dramatisch oder könnten in Verdacht geraten, kitschig zu sein. Die Bilder der Jugendlichen sind dierkt und ehrlich, schildern eine Verletzlichkeit, wie sie nur Teenagern eigen ist. Vor allem aber sind sie so eindringlich, dass man sich der Problematik nicht entziehen kann.Im besten Sinne einer Reportage zeigen uns Toby Binders Bilder, wo es sich lohnt hinzuschauen. Ein hochaktuelles Buch über den Prozess zum Frieden, der mit einem Beschluss noch lange nicht erreicht – und hoffentlich auch nicht zerstört ist. Und ein Buch über die Kraft und Hoffnung der Jugend