Chloë Delarue

Porträt
1. Februar 2019
Text: Annette Hoffmann

Chloë Delarue: TAFAA.
Kunsthaus Langenthal, Marktgasse 13, Langenthal.
Mittwoch bis Freitag 14.00 bis 17.00 Uhr, Samstag und Sonntag 10.00 bis 17.00 Uhr.
7. Februar bis 7. April 2019.

TAFAA heißt das Langzeitprojekt, an dem Chloë Delarue (*1986) seit vier Jahren arbeitet. Es ist das Akronym für „Toward a Fully Automated Appearance“. Das Interessante daran ist vielleicht weniger die vollautomatische Erscheinung, die auch andere für wünschenswert halten mögen, sondern die konsequente Ausrichtung ihrer Arbeit auf die Zukunft. Das Prozesshafte von Delarues Arbeiten hat Science Fiction-Qualitäten und sollte nicht mit der Zeit verwechselt werden, die eine Arbeit braucht, um Gestalt anzunehmen. Betrachten wir die TAFAA-Installationen, sind wir irritiert, weil wir fühlen, dass sich hier auf der Basis von Vergangenem und Erinnertem etwas transformiert. Was es ist, bleibt im Ungefähren und kann kaum näher benannt werden. Vielleicht ist das sogar das eigentlich Attraktive an Delarues Installationen.

Anfang des Jahres 2018 war Chloë Delarue an der Themenschau „Future Love. Begehren und Verbundenheit im Zeitalter geformter Natur“ im Basler Haus der elektronischen Künste (HeK) beteiligt. Ihr Beitrag „TAFAA – Hive“ war eine Installation, die trotz im Raum verteilter Erde und einem Steg mit Gitterrosten keinen sicheren Boden bot. Die Anordnung von Verstrebungen, Beuteln und Flaschen aus hautfarbenem Silikon wirkte ein bisschen wie eine Laborsituation, doch die Materialien waren zu wenig clean. Der Einsatz von Licht weckte Assoziationen an etwas Klinisches, ließ aber auch daran denken, dass zu Delarues früheren Arbeiten Neonschriften gehörten, die sie oft im öffentlichen Raum platzierte. Meist verbindet sich in ihren Arbeiten Elemente aus der Natur und bilderzeugenden Geräten, so dass ein Hybrid irgendwo zwischen Natur und Labor entsteht, geprägt durch magisches Denken und Ausdruck des Unbewussten unserer Gesellschaft. Die Apparatur Im HeK jedenfalls war inspiriert von der genetischen Manipula­tion von Insekten, deren geschlechtliche Fortpflanzung unterbunden wurde. Die Installation könnte, so raunte sie, auch uns die Zukunft voraussagen. Irgendwo zwischen illegalem Labor, umgewandeltem Daten- und mechanisches Reproduktionszentrum, könnte auch das Ende der Menschheit besiegelt werden. Immer ist etwas Klandestines um dies Szenerien, deren Vagheit mit ihrer Bedrohlichkeit korrespondiert.

Chloë Delarue lebt und arbeitet in Genf, wo sie 2014 an der Haute école d’art et de design, kurz: HEAD, ihren Master machte. Zuvor studierte sie an der École Nationale Supérieure d’Art Villa Arson in Nizza. 2016 wurde sie mit dem Preis der Kiefer Hablitzel Stiftung ausgezeichnet. Wenn ihre Arbeiten unsere Erinnerung ansprechen, dann, weil Delarue mit Zitaten und Verweisen arbeitet. Man kann Anleihen an Joseph Beuys erkennen, aber auch an Louise Bourgeois, und hat man diese merkwürdigen, ins Leere laufenden Gestänge und Leitungen nicht bereits bei Tatjana Trouvé gesehen? Chloë Delarue baut auf Bekanntem Neues, unterzieht es Veränderungen. Das Moment der Transformation gilt auch für die Arbeiten selbst. Manche Objekte oder Materialien werden weiter verwendet, so dass ein Kontinuum ständiger Veränderungen entsteht. Alles ist im Fluss – wie der Körper, der zwar in Delarues TAFAA-Installationen nicht präsent ist, der aber doch ständige Referenz ist durch das System von zirkulierenden Schläuchen und Flüssigkeiten.