Elsa Farbos

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15. September 2018
Text: Jolanda Bozzetti

Elsa Farbos: Cool Coal Loop / Club of opportunities, episode IV
CEAAC Strasbourg.
Bis 21. Oktober 2018.

www.ceaac.org

Jetzt im Herbst kommen sie wieder zum Einsatz: Laubsauger. Eine nützliche Erfindung, keine Frage, und doch auch irgendwie absurd. Sie intervenieren in einen natürlichen und notwendigen Kreislauf, der die Blätter am Boden zu Humus werden lässt und die Nährstoffe zurück zu den Bäumen führt. Aus Pflanzenresten kann durch Karbonisierung auch ein weiterer Stoff entstehen: Kohle. Dieses Material entdeckte die französische Künstlerin Elsa Farbos (*1987) nun für sich. Seit sie nach ihrer Ausbildung in Nantes und Strasbourg 2014 für ein Aufbaustu­dium bei Mariella Mosler nach Stuttgart zog, war Kohle – zunächst in Gestalt der Kraftwerke – für sie immer präsent. Eine dreimonatige residency in Prag im letzten Jahr gab Farbos die Möglichkeit, künstlerisch mit diesem Material zu experimentieren und sich gleichzeitig vor Ort intensiv mit dem Thema zu beschäftigen. In den tschechischen Industriezonen gibt es zahlreiche Kohleminen, die teilweise auch als touristische Attraktionen besucht werden können. Farbos fasziniert der Prozess der Sedimentation, die Gestalt und Beschaffenheit der verschiedenen Erdschichten. Zugleich aber nimmt sie auch die Aggressivität wahr, mit der die Menschen die Biomasse Kohle aus der Erde ziehen. Dieses wörtliche Aussaugen der Erde hat Farbos mit Witz und Poesie in ihren neuen Arbeiten, die nun im CEAAC in Strasbourg zu sehen sind, aufgenommen.

„Mon premier aspirateur“ heißt die erste Arbeit der Ausstellung „Cool Coal Loop“. Ein Handstaubsauger, dessen obere Hälfte durch einen Gipsabguss ersetzt wurde, in dessen Spitze sich dunkle Kohlebrocken mischen. Dreck kann hier nicht aufgesaugt werden, sondern scheint diesem umgestalteten Readymade vielmehr zu entweichen. Ein Staubsauger war auch das Hilfsmittel, mit dem die zentrale Arbeit der Ausstellung „Dessin à l’aspirateur“ entstand. Dafür drapierte Farbos eine braune Papierrolle um eine Säule, entlang der Wand und wie schweren Stoff am Boden entlang. Am Eröffnungsabend wurde im Zuge einer Performance ein Segment des Papiers zunächst mit Kohle geschwärzt. Dann saugte Farbos stellenweise die schwarze Farbschicht ab und ließ so eine fragile Negativzeichnung entstehen.

Auf dem Papier am Boden hat sich eine weitere Performance als abstrakte Kohlzeichnung materialisiert. Daneben liegt die Plastik, mit der sie angefertigt wurde ist: ein Gipsabguss eines Lüftungsrohrs, aus dessen Enden wie aus einem großen Kabel Kohlesticks herausragen. Diesem Objekt gegenüber lehnt an der Wand die Arbeit „Tuyau entre ciel et terre“: ein weiterer Abguss eines Rohres, aus dessen unteren Ende Kohlebrocken und oben Pinienzweige herausragen. Es ist ein poetisches Sinnbild für die Verbundenheit der verschiedenen Erdschichten sowie die Transformation der Materie.

Bildhauerei ist für Farbos ein dynamischer Prozess. Auch in früheren Werkserien aktivierte die Künstlerin ihre plastischen Arbeiten im Rahmen von Performances. Scheinbar fest geformte Objekte wie etwa farbige Gipsabgüsse von Knochen oder Pistolen lösten sich dabei in Kreidestaub auf, um wieder Neues entstehen zu lassen.