Mathis Altmann

Porträt
30. Mai 2017
Text: Aline Juchler

Mathis Altmann, bei Freedman Fitzpatrick, Los Angeles,sowie bei Truth & Consequences, Genf, Liste – Art Fair Basel, Warteck pp, Burgweg 15, Basel.

Mathis Altmann (*1987) schafft mit seinen Skulpturen und Objekten verschrobene Welten, von denen wir bloss ahnten, dass es sie gibt. Sie zu verstehen und lesen fällt uns ähnlich leicht, wie die Quintessenz eines Cartoons, etwa der New York Times – der auf eine witzige, bisweilen bissig humoristische oder ironische Art einen komplexen Sachverhalt auf eine Szene herunterbricht. Altmanns Werk geht aber über diese vermeintlichen Einzeiler

hinaus. Bei genauerer Betrachtung seines präzisen Schaffens und der Themenfelder, die ihn interessieren, bemerkt man eine vertiefte Auseinandersetzung mit der Zeit, in der wir leben.

Bei Altmann ist jeweils die Auflistung der für seine Werke verwendeten Materialien aufschlussreich. Er macht sich gängige Baumaterialien zu Nutze, wie Holz, Plastik, Kabel, MDF, Lack, Rohrleitungen, Draht oder verschiedenste Metalle, wie Kupfer. Er verarbeitet jedoch auch unüblichere Elemente, wie Versatzstücke von Puppenhäusern, menschliches Haar, getrocknete Mehlwürmer, Knochen, Toilettenpapier, LED-Lichter oder Kleidungsstücke. Das mag wie aus einem Schauermärchen klingen, seine Werke machen allerdings nicht so sehr Anleihen aus dystopischen Science-Fiction Filmen, sondern sind als Kommentare auf unsere heutige Zeit zu lesen. Wenn er beispielsweise in der letzten Ausstellung in Los Angeles, wo Altmann neben Zürich auch lebt, mit dem sinnigen Titel „All human waste to be stored in the privacy of one’s home“ Querschnitte von Puppenhäusern ausstellt und sie mit allem möglichen Trash – ob wortwörtlich Müll, bloss billig produzierten Spielwaren oder anderen Abfallprodukten unserer Gesellschaft – auffüllt, dann ist das keine Fantasiegeschichte, sondern bitterer Ernst. Nicht nur in den USA wird oft mit billigem Material gebaut, hinter den Fassaden stapelt sich menschlicher Unrat, die Menschen haben ihr Gespür für das gute Design verloren, sie folgen eher Möbelratgebern und Einrichtungsblogs, als ihrem eigenen Geschmack.

Ähnlich verhielt es sich mit den im Massstab noch etwas kleineren Miniaturen, welche Altmann im Rahmen seiner ersten institutionellen Einzelausstellung 2016 im Swiss Institute in New York, präsentierte. „Foul Matters“ hiess die Schau, in deren Mittelpunkt acht grell beleuchtete und auf Augenhöhe befestigte Dioramen standen. In „Domestic Waste Police“ (2016) führt eine kleine, mit bunten Fenstern geschmückte Plastiktür, in die triste Welt eines grauen Plastikeimers, also eigentlich ins Nichts. In solchen Momenten weiss man als Betrachterin nicht, ob man lachen oder weinen soll.

Altmann entwickelt seine Formensprache kontinuierlich weiter, so arbeitet er im Gegensatz zu früheren Arbeiten inzwischen weniger mit Beton und eingebauten Kameras, die es möglich machten, in seine winzigen, gebauten Welten hineinzuschauen. In einer Ausstellung in Genf bei Truth and Consequences hat er etwa auch gefundenes und nur leicht angepasstes Material gezeigt, wie etwa Wände und Rampen, aus seinem ehemaligen, zum Abriss freigegebenen Atelierhaus Winterhalder Areal in Zürich. So sehr sein Schaffen also die Fantasie und das Narrativ triggert, so sehr geht es immer von einer Realität aus.