Markus Lüpertz, Kunst, die im Wege steht

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14. Mai 2017
Text: Chris Gerbing

Markus Lüpertz, Kunst, die im Wege steht,
ZKM – Zentrum für Kunst und Medien, Lorenzstr. 19, Karlsruhe.
Mittwoch bis Freitag 10.00 bis 18.00 Uhr, Samstag bis Sonntag 11.00 bis 18.00 Uhr.
Bis 20. August 2017.
www.zkm.de

Die stete Suche nach Erkenntnis treibt den mittlerweile 76-jährigen Markus Lüpertz bis heute an, er sprüht vor Begeisterung, verströmt Neugierde, die ansteckend wirkt. Dennoch: Bis heute sind seine Themen sperrig, seine Werke „Kunst, die im Wege steht”, wie er dies bereits im „Dithyrambischen Manifest“ von 1966 äußerte, das nun titelgebend für die Ausstellung im ZKM ist, die damit den Bogen zu seinen Anfängen schlägt. Es handelt sich aber mitnichten um eine Rückschau, einen Querschnitt aus über 50 Jahren Kunstschaffens. Vielmehr ermöglicht das ZKM eine andere Betrachtung des Künstlers: Man kennt Lüpertz als „Malerfürsten“ und Bildhauer, manch einer weiß auch, dass er zudem Dichter und Musiker ist. Nun kommt eine weitere Facette hinzu, denn Lüpertz betätigt sich im besten Sinne als Kurator, hat einen der Lichthöfe installativ gestaltet und bringt damit eine fast sakrale Atmos­phäre ins ZKM. Fast die gesamte Höhe eines Lichthofs nimmt der Karton zu einem der Wandgemälde ein, mit denen Lüpertz das Krematorium in Ruhleben ausstattete, das er als „Zwischenreich“ bezeichnete. Seine Installation, ein niedriges Podest, auf dem überdimensionierte Körperfragmente aus Gips drapiert sind, das zwischen dem Karton und einer blutroten Wand mit vorgestellten Terrakotten eingespannt zu sein scheint, lotst den Betrachter dort hinein. „Jugend“, „Alter“, „Nature Morte“, „Krieg“ und „Frieden“ sind die „Toten Tanz-Reliefs“ betitelt, die Lüpertz indirekt ausleuchtet und die Wand damit fast zum Lodern bringt. Feuer ist einmal Lebensspender, aber auch bedrohlich, im Krematorium führt es den Menschen der Erde zu, bei der Herstellung der Terrakotten kann es auch zu ihrer Zerstörung führen. So ist diese Abhandlung das Menschwerden und sein Vergehen eingebettet in die Geschichte des Menschen, die auch eine kriegerische ist.

Mit Krieg und Tod hat sich Lüpertz oft auseinandergesetzt, sowohl in der Mythologie als auch in Gemälden, die unter dem Einfluss des Kosovo-Krieges entstanden. Und letztlich arbeitet er sich, indem er malt, an der Geschichte der Malerei, an den Vorbildern und Vorläufern ab. Wobei er kokett meint, er könne realis­tisch malen, warum solle er dies dann nicht tun – und überhaupt sei ja bereits alles dargestellt, weshalb er auf Atmosphäre setze. Er wolle innerhalb des ZKM die Zeit anhalten und setzt die Bewegung im Kopf ganz gezielt gegen die allgegenwärtige, durch die Neuen Medien sowohl in unserer Gesellschaft als auch im ZKM spürbare Bewegung ein. Dicht und stimmunsgvoll ist die Ausstellung, die eindrücklich den steten Kampf gegen die leere Leinwand, den leeren Sockel zeigt. Lüpertz experimentiert mit neuen Materialien, mit Varianten des Farbauftrags, erklärt hier Druckstöcke zum Bild, dort den bildhauerischen Untergrund zur Malfläche und reißt den Betrachter damit förmlich mit.