Transitory Dwellings: Symbole des Übergangs

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19. März 2017
Text: Annette Hoffmann

Transitory Dwellings.
E-Werk, Eschholzstr.77, Freiburg.
Donnerstag bis Freitag 17.30 bis 20.30 Uhr, Samstag 14.00 bis 20.30 Uhr, Sonntag 14.00 bis 18.00 Uhr.
Bis 23. April 2017.
www.ewerk-freiburg.de

Zelte und Baracken sind keine Wohnformen, die dazu angetan sind, Wurzeln zu schlagen. Sie sind nicht auf Dauer angelegt, sondern Symbole des Übergangs. Bereits der Titel der Ausstellung „Transitory Dwellings“ formuliert eigentlich eine These: dass das 21. Jahrhundert durch den Übergang geprägt ist. Nicht zufällig lässt sich der Filmessay „The Forgotten Space“ (2010) von Allan Sekula (1951-2013) und Noël Burch (*1932) als eine Einführung in die Schau lesen. Sekula und Burch folgen in „The Forgotten Space“ den Wegen des globalisierten Handels, sie führen über Schienen, Straßen, vor allem aber über das Meer. Die beiden besuchen den Hafen in Rotterdam, amerikanische LKW-Fahrer, die auf eigene Kosten arbeiten und philippinische Seeleute, die sich in Hongkong treffen, um den Kontakt zu ihren Landsleuten nicht zu verlieren. Der Container, eine Erfindung der 1950er Jahre, macht es möglich. Es sind die Gesetze eines unsozialen Kapitalismus, die hier Gewinner, dort Verlierer hervorbringen.

Als Form und Sinnbild ist der Container das eigentliche Leitmotiv der Ausstellung. Er findet sich wieder in den provisorischen Behausungen des Flüchtlingscamps in Calais. Der Pariser Fotograf Bruno Serralongue (*1968) hat „The Jungle“ über mehrere Jahre hinweg besucht und dort Aufnahmen von den Verschlägen gemacht und von den Migranten, die an den Straßen auf den richtigen Moment warten, auf die LKWs zu springen und so nach England zu gelangen. Serralongue entzieht seine Fotos der Logik des Dokumentarischen nicht allein durch komplexe Kompositionen, sondern auch indem er – ähnlich wie Jeff Wall – Rahmen verwendet, die das einzelne Bild zum Objekt machen. Auch in den Küstenhäusern der Filminstallation „The Eye That Articulates Belongs on Land“ von Karen Kramer (*1979) trifft man den Container wieder. Die amerikanische Künstlerin reiste in die Region von Fukushima, um dort über die Konsequenzen des Tsunamis und des Reaktorunglücks zu recherchieren. Sie fand eine zerfallende Zivilisation vor, die sie mit fiktiven Protagonisten bevölkerte, unter anderem einem Glücksschwein, das das Metall Uran personifizierte. Diese Figuren, es sind Objekte, die Kramer vor Ort fand, führen stellvertretend ein Drama um die Katastrophe auf. Sie lädt diese Gegenstände mit dem Wissen um das Geschehen auf und macht sie zu Bildern der menschlichen Hybris. Selbst in der Arbeit von Enrique Ramirez (*1979) „Cruzar un Muro“ findet sich die Form des Containers in einem Raum wieder, der an ein Amtszimmer erinnert. Ein Perspektivwechsel und man sieht: der Raum ist nicht mehr als eine Kulissenwand, die auf einem Floss steht. Ein Floss ist nicht gerade leicht manövrierbar, aber geeignet, Grenzen zu überwinden und ist den Gesetzen des heutigen Kapitalismus entzogen. Der Container ist hier einmal nur ein Potemkinsches Dorf.