Johannes Willi

Porträt
16. Januar 2017
Text: Annette Hoffmann

Johannes Willi: Free Willi 2 – Freiheit in Gefahr. Manor Kunstpreis Basel 2016.
Kunstmuseum Basel/Gegenwart, St. Alban-Rheinweg 60, Basel.
Dienstag bis Sonntag 10.00 bis 18.00 Uhr, Donnerstag 10 bis 20.00 Uhr.
Bis 12. März 2017.

Wer sich mit dem Werk von Johannes Willi (*1983) befasst, gerät schnell auf dialektische Wege. Kann man im Einklang mit dem Kunstsystem dieses untergraben? Der Basler Künstler jedenfalls hat sich nicht den Kopf zergrübelt, sondern das Geld des Manor Kunstpreises genommen und ist um die Welt gereist, um den engen Grenzen der Schweizer Kunstszene zu entkommen. Er hat sich mit neun Künstlerinnen und Künstlern in China, Dänemark und Puerto Rico getroffen und ihre Arbeiten in seine Ausstellung „Free Willi 2 – Freiheit in Gefahr“ im Kunstmuseum Basel/Gegenwart eingespeist. Er schaute den Kollegen über die Schulter, lernte und kopierte das, woran diese lange gearbeitet hatten, in der Kürze seines Aufenthaltes. Eigentlich eine ziemliche Frechheit – einerseits gegenüber den Künstlerinnen und Künstlern, andererseits gegenüber der Institution.

Johannes Willi, der an der Hochschule für Gestaltung und Kunst FHNW studierte, stößt dennoch allseits auf offene Ohren. Wer eine amerikanische Tierfilmschnulze aus den 90er Jahren zum Motto eines dreiteiligen Ausstellungsprojektes nimmt, muss schon einigermaßen reflektiert und nicht weniger selbstironisch sein. 2015 wurde er vom Lucerne Festival eingeladen, eine Arbeit zu realisieren und im gleichen Jahr stellte die Kunsthalle Basel ihm zusammen mit neun anderen Künstlern einen eigenen Raum während der Regionale zur Verfügung. Er bat seine Künstlerfreunde, ihm eine Arbeit zu schenken, die sich mit dem Film „Free Willy“ oder zumindest mit Freiheit befasst. Dieses wüste Konglomerat zu kuratieren delegierte er dann an Studierende.

Wenn Johannes Willi Freiheit sagt, meint er auch die Grenzen, in denen sich heute Künstler bewegen. Sei es durch die Einverleibung durch das Kunstsystem oder das Beherrschen von künstlerischen Techniken. Im Rahmen des Lucerne Festivals baute er einen Orchestersatz Instrumente in kürzester Zeit und nach lediglich rudimentären Vorstellungen nach. Natürlich machten sie während des Konzerts schlapp. Manche klangen gar nicht, bei anderen rissen die Saiten, andere hörten sich schräg an. Johannes Willi nimmt die Grundbedingungen von Kunst ernst und reizt sie aus. Er selbst spricht von Karaoke, wenn er von seinen Besuchen in Künstlerateliers auf der ganzen Welt erzählt und seinen Versuchen, sich die besonderen Fähigkeiten seiner Kollegen anzueignen. Da schwingt Bewunderung mit, aber auch viele Emotionen. „Free Willy 2 – Freiheit in Gefahr“ hat ganz offensichtlich eine soziale Seite, es geht um ein Miteinander, gemeinsame Werte und Motivationen und darum, globalisierte Kunst jenseits des Kapitalismus zu denken.

So gesehen ist seine Ausstellung im Kunstmuseum Basel/Gegenwart mehr noch als eine fingierte Gruppenschau, eine Ansammlung von Geschichten und Anekdoten. Steht man in dem mit rosafarbenem Schaumstoff ausgekleideten Raum, erschließt sich das nicht völlig. Dann sieht man ein groteskes Exemplar eines Bärenklaus (Ingela Ihrman: The Giant Hogweed), das an blauen Spanngurten von der Decke hängt, eine LED-Projektion eines Spaziergangs durch den Urwald (Beatriz Santiago Muñoz: La cueva negra), oder das Foto einer Investitionsruine in China (Anothermountainman: Lanwei). Es braucht den Katalog, um den Hintergrund zu verstehen. Dann weitet sich der Ausstellungsraum und lässt die Welt ein. Johannes Willi zieht das biblische Bild von Jonas und dem Wal herbei, um den Raum zu erklären: man ist mittendrin und doch abseits. Es geht um Durchlässigkeiten und Aneignungen, aber auch um die Freiheit, die man als Allrounder besitzt: alles zu können, aber nichts perfekt.