Magie und Ritual

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13. Dezember 2018
Text: Kristina Priebe

Magie und Ritual.
Museum Villa Rot, Burgrieden-Rot.
Mittwoch bis Samstag 14.00 bis 17.00 Uhr, Sonntag 11.00 bis 17.00 Uhr.
Bis 10. Februar 2018.
www.villa-rot.de

Granatapfel, der drei Sekunden lang dem Blick einer Eule ausgesetzt war, drei Haare von Jonathan Meese und eine Prise Antidepressivum. Nur drei der 23 Zutaten für den Zaubertrank, der Johanna Mangold und Jan-Hendrik Pelz zu den besten Künstlern der Welt machen soll. Die Herstellung und die Einnahme – alles festgehalten und präsentiert in einer Videoinstallation – ist derzeit zu sehen in der Ausstellung „Magie und Ritual” in der Villa Rot in Burgrieden. Das Projekt „Zaubertrank“ ist ein anschauliches Beispiel dafür, wie einige der 19 ausgestellten Künstlerinnen und Künstler an die Thematik Magie und Ritual herangehen: mit einem Augenzwinkern. Ein Resultat dessen, „dass wir in einer sehr aufgeklärten Gesellschaft leben“, sagt Kurator Marco Hompes.

„Magie und Ritual“ ist eine fesselnde Ausstellung, was auch an spektakulären Videoinstallationen liegt, wie die auf eine Nebelwand projizierten Geistererscheinungen von Matthias Böhler, Christian Orendt und Felix Burger. In Teilen präsentiert sich die Ausstellung aber auch wie ein modernes Kuriositätenkabinett. Was auch dem geschuldet ist, dass die internationalen Künstler verschiedenste kulturelle Einflüsse verarbeiten und mitunter auch verfremden. Etwa machen Maria Volokhova und Bianca Patricia Isensee aus einer japanischen Teezeremonie einen beklemmenden Ritus. Und was auf den ersten Blick wie ein authentischer archäologischer Fund eines Kultobjekts wirkt, ist in Wirklichkeit Teil einer „experimentellen Archäologie“. Die Künstlerin Mathilde ter Heijne spürt dabei der Herstellung kultischer Objekte nach. Entstanden sind die Keramiken während einer Performance bei Vollmond, sodass die Plastiken mit Mondlicht magisch „aufgeladen“ sind. Ein Gedanke, der sich auch in Brad Downeys Kunst-am-Bau-Projekt wiederfindet, nur im modernen religiösen Kontext: Der Künstler baute mehrere Gegenstände aus einem schwedischen Krankenhaus aus, Heizkörper, Türklinken oder Bodenteile, und nahm sie mit zu Pilgerstätten wie etwa Lourdes. „Aufgeladen“ und wieder eingebaut sollen sie den Patienten bei der Genesung helfen. Die Ausstellung bietet aber auch neue Sichtweisen auf ganz lokale Bräuche und Riten. Die „Lumenophoren am Heuberg“ etwa wirken auf den Betrachter zunächst befremdlich. Gestalten, die mit Lichthüten durch eine verschneite Landschaft wandern. Der Künstler Roger Aupperle zeigt damit aber auch, wie irritierend etwa die Fastnachtszüge auf Außenstehende wirken müssen, die in der Region bald wieder durch die Innenstädte ziehen.

Räumlich getrennt, aber inhaltlich verbunden fügt sich die Soloschau von Benedikt Hipp problemlos in die Hauptausstellung ein. Das Rituelle und Spirituelle klingt auch in einigen von Hipps Werken deutlich an. „Treatment of 15-18 grams“ etwa, ein Videoloop, zeigt ein totes Rotkehlchen das immer wieder in Wachs getaucht wird und so eine immer dickere wächserne Schicht bekommt. „15 bis 18 Gramm ist etwa das Gewicht eines Rotkehlchens. Gleichzeitig ist es eine Anspielung auf die Gewichtsmessung der Seele, die sich im Spektrum zwischen zehn und 25 Gramm bewegt“, sagt Hipp. Eine Installation die auf den ersten Blick so befremdlich wirkt, wie viele der rund 80 Werke der Ausstellung. „Magie und Ritual“ fordert Zeit, kaum eines der Werke lässt sich im Vorbeigehen erfassen. Zeit, die allerdings gut investiert ist. Denn was zu Beginn irritiert, sorgt am Ende für eine Pointe.