Corona Studios I: Klaus Merkel

Klaus Merkel, 20.03.03. Tiere, 65 x 50 cm, Öl auf Leinwand, 2020 (Bild wurde am 3. März 2020 fertiggestellt), Courtesy Galerie Max Mayer, Düsseldorf, und Galerie Nicolas Krupp, Basel
Thema > Corona Studios I
2. Mai 2020
Text: Klaus Merkel

Klaus Merkel, *1953, lebt und arbeitet in Schallstadt, Freiburg und Münster.
merkel-atelier.de

Im Fridericianum in Kassel wird Klaus Merkel im Sommer im Rahmen der Retrospektive von Forrest Bess (1911-1977) einen Vortrag halten: „Grenzgänge der Malerei. Ein zeitgenössischer Blick auf das Werk von Forrest Bess“ (Termin wird noch bekannt gegeben).

Klaus Merkel wird vertreten von den Galerien Max Mayer, Düsseldorf, und von Nicolas Krupp, Basel

Klaus Merkel, Hängung aus der Serie „Tiere“ an der Wand im Atelier von Klaus Merkel, Foto: Atelier Klaus Merkel
Klaus Merkel, Hängung aus der Serie „Tiere“ an der Wand im Atelier von Klaus Merkel, Foto: Atelier Klaus Merkel
Klaus Merkel, 20.03.02. Tiere, 65 x 50 cm, Öl auf Leinwand, 2020 (Bild wurde am 2. März 2020 fertiggestellt), Courtesy Galerie Max Mayer, Düsseldorf, und Galerie Nicolas Krupp, Basel

Die Diskussion um „die Krise in der Kunst“ fing für mich in Stuttgart Mitte der 1980er Jahre an, eigentlich direkt mit Beginn meiner Ausstellungserfahrung dort, meinem Eintritt in den „Kunst-Betrieb“.
Ich erinnere mich an einen Film von Godard, in dem gegen Ende die Protagonisten, erwachsene Männer, ohnmächtig vor Wut, Steine einem vorbeirasenden TGV hinterherschmissen, voller Wucht, als wären erzürnte Kinder am Werk, die gegen eine entfesselte Weltmacht zu kämpfen hätten. Ein starkes Bild, das bis heute nichts von seiner Wirkung verloren hat.
Bis vor kurzem schien in der Hinsicht wenig Perspektive auf Veränderung. Heute sind wir leider weiter, in weltweit prekärer Verfassung, verschärft durch den humanistischen, biologischen und ökonomischen Kahlschlag.

Die Frage, wie ein Maler auf diese Krise reagiert, ist nicht leicht zu beantworten. Ich reagiere irgendwie nicht direkt auf diese Krise, sondern führe eine Problematisierung fort, die mit einer Serie in den späten 1980er Jahren begann und damals unter dem Titel „Tiere“ z.B. in der Wiener Secession, im Kunstverein Düsseldorf und in Stuttgarter Galerien ausgestellt war.

„Tiere“ impliziert Figur und Natur, und obgleich die Bilder ganz direkt lesbar sein sollen sind sie doch nicht als etwas Realistisches erkennbar; der Begriff der Spezies läuft aber im Hintergrund immer mit.

Heute arbeite ich wieder mit dem Motiv der „Tiere“, verändert dadurch, dass alle Bilder (inzwischen ist es eine ganze Herde) jetzt mittelformatig angelegt sind und eher klein wirken. Wie von Ferne, mit einem nach innen gezogenen Rahmen und einem Diagonalkreuz, um das herum sich die jeweilige Figur ausformt. Wie schon damals ist immer nur ein Motiv auf einem Feld. Maltechnisch arbeite ich zuerst den Hintergrund aus, in dem dann der Figurumriss bestimmt und schließlich in einem Zug Alla-Prima ausgefüllt wird. Während der Umriss der Figur langwierig zeichnerisch konzipiert ist, läuft die Innenstruktur fast zufällig ab, entwickelt sich aus Farbe auf einer Palette und weckt die Arbeit des Malers am Duktus; ein historischer Reflex auf den aufgebrochenen Ochsen von Soutine, vielleicht.

Mit Anfang des Shutdowns wollte ich diese Gruppe von Bildern weiterführen und kaufte Farben und Leinwände, die mich über eine unbestimmte Zeit hinweg in verlässlicher Arbeit und fern von Stillstand halten sollten. Ich wollte den absolut bodenständigen Vollzug eines Bildes und kein Geist in der Geisterstadt sein …



Corona Studios I ist ein Projekt der Redaktion artline.org,
ermöglicht dank großzügiger Unterstützung vom Kulturamt der Stadt Freiburg