20:15. Peppi Bottrop, Andreas Breunig und Jana Schröder: Prime Time für Malerei auf Papier

2015
Andreas Breunig, implosions on high see No. 04, 2024, Courtesy Galerie Bärbel Grässlin, Frankfurt a. M., © 2025, Andreas Breunig
Preview > Augsburg > H2 – Zentrum für Gegenwartskunst
9. Mai 2025
Text: Florian F. Arnold

20:15 – Peppi Bottrop, Andreas Breunig und Jana Schröder.
Zentrum für Gegenwartskunst, Beim Glaspalast 1, Augsburg.
Dienstag bis Sonntag 10.00 bis 17.00 Uhr.
Bis 6. Juli 2025.
www.kunstsammlungen-museen.augsburg.de

2015
Peppi Bottrop, Die Fülle der Rose im Werden X, 2024, Courtesy the artist and Meyer Riegger © 2025,  Peppi Bottrop
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Jana Schröder, T-REF 10, 2024, Courtesy Galerie Bärbel Grässlin, Frankfurt a.M., © 2025, Jana Schröder

Drei, die sich gut kennen und, wie sie betonen, in ihrer gemeinsamen Ausstellung „20:15“ den „Gesprächsfluss zwischen den Räumen“ anregen wollen, sind derzeit im Zentrum für Gegenwartskunst in Augsburg zu Gast. Das funktioniert ganz ausgezeichnet. Die schmalen Kabinette am Rand der großen Erdgeschosshalle geben den Papierarbeiten von Jana Schröder, Peppi Bottrop und Andreas Breunig Raum und zwingen doch zur Fokussierung.

Jana Schröder (*1983), die bei Albert Oehlen studierte, zeigt farbige Aquarell-Gespinste, die einander in fein rhythmisierten Kolonnen, Zeilen, Clustern und Geweben überlagern. Manches mutet an wie fragmentierte Buchstaben, fremdartige Alphabete, die allerdings aufgelöst, unlesbar gemacht, mit fantasievollen Formen und Gestalten überlagert werden. Das hat, bei aller Leichtigkeit, etwas Zwingendes. Die skripturalen Aufzeichnungen senden keine klare Botschaft, wenn man mal davon absieht, was all diese energetischen Arbeiten verbindet: das ist der Körper, die Hand der Künstlerin, die mit ausgreifenden, nie unverbindlichen Texturen die Energie des Schaffens in kleine, reizvolle Formate überträgt – ganz ohne Energieverlust. Offen- und Geschlossenheit, Bewegung und Statik sind die Pole, zwischen denen ihre Blätter vibrieren. Das leuchtet, schwingt und vermittelt, in Reihen gehängt, eine unentrinnbare Dynamik. Die Serialität ihrer Arbeitsweise bedeutet keine Austauschbarkeit, im Gegenteil: man staunt, wie variantenreich die einzelnen malerischen Formfindungen ins Auge springen.

Andreas Breunig (*1983) scheint in eine recht ähnliche Richtung zu gehen, vieles von dem, was in seinen zart-wilden monochromen Blättern zu entdecken ist, folgt der gleichen Spannung zwischen Zeichenhaftigkeit und Gestik wie bei Schröder – und auch bei Bottrop. Es sind netzartige Gewebe aus Grafit, stellenweise hauchzart, vorgeblich dem Chaos entsprungen, jeden Versuch einer Ordnung ablehnend; doch allem ist eine elegante Leichtigkeit zu eigen. Immer wieder blickt der Betrachter auf eine Grammatik des Gestischen: Harte Äusserungen wie Punkte oder Zick-Zack-Linien werden unterfangen von subtilen, weichen Linien, diese Begegnung mündet mitunter in enorm verdichtete Bildzonen. In der Polarität von Gefühl und Form, Gedanke und Ordnung erkundet Breunig vergängliche Spuren des Menschlichen: je länger man hineintaucht in diese Botschaften, um so deutlicher wird die beredete Abwesenheit von Zeit.

In den Werken von Peppi Bottrop (*1986) entstehen die Motive aus vibrierenden Linien zwischen Konstruktion und Auflösung. Doch wo die Arbeiten Schröders durch Farbigkeit zusätzliche Räume öffnen und Breunig mit Grafit-Gespinsten geradezu kammermusikalisch fein artikuliert, fahren einem die Kompositionen Bottrops aus Kohle, Grafit und Tusche auf Papier förmlich als musikalische Energie in die Knochen. Um beim Musikvergleich zu bleiben: hier wird symphonische Breite und Tiefe angestrebt, hier bauen sich wellenartige Formen zu dichten Sinnbildern von Geschwindigkeit, Energie und Bewegung auf. Diese Kohlezeichnungen auf Papier erzählen von vegetabilen und landschaftlichen Räumen, die bei aller robusten Linienführung und -stärke oftmals verletzliche, verwundete Passagen zeigen. Licht und Dunkelheit umarmen einander in diesen Blättern, für die diese kleinen Kabinetträume doch zu klein sind. Die praktisch vor Energie bers­tende Pluralität der monochromen Bilder harmoniert zwar hervorragend mit Schröder und Breunig – wie von dem Künstlertrio beabsichtigt. Im Fall Bottrop aber ist das Kabinettformat zu eng. Dass diesem Trio wesentlich mehr Raum gut stünde – den sie gewiss mühelos bespielen würden – ist dann aber auch der einzige Kritikpunkt. Die Auswahl an Werken zeigt drei Positionen zeitgenössischen Schaffens zwischen Grafik und Malerei, die den Betrachter mit Energie aufladen. Nein, sogar das: man nimmt etwas von dem prozessualen Raum, in dem das alles passiert, mit hinein ins eigene Sehen. Im besten Falle.