Lange Zeit kannte die internationale Kunstszene in der Schweiz nur ein Sommerziel: die Art Basel. Und reichte das nicht, dann gab es ja noch die Vielzahl an anderen Kunstmessen, die sich im Schatten des Großereignisses gegründet hatten, angefangen bei der Liste Art Fair Basel, seit 1996 am Start, bis hin zur June Art Fair, die 2019 Premiere feierte. Das war sehr praktisch: Die Welt der Kunst mit ihren unterschiedlichen Bubbles an einem Ort versammelt, alles problemlos und in fußläufiger Entfernung zu erreichen. Seit einiger Zeit jedoch beginnt der Schweizer Kunstsommer nicht nur ein Wochenende früher,  sondern auch abseits der Messestadt, nämlich am Zürichsee. In den gerade mal fünf Jahren seines Bestehens hat sich das Zurich Art Weekend im Juni hier als Top-Anlass zum Vorglühen auf die Basler Kunstmessewoche etabliert. Dass es flankiert wird von ähnlich gut besuchten und ähnlich engmaschig kuratierten Ausgaben zum Saisonstart im Frühjahr und im Herbst lässt sich als selbstbewusstes Statement verstehen im Ringen um den Titel der Kunsthauptstadt der Schweiz. Während die Galerienszene in Basel lange klein und überschaubar war und sich erst zuletzt etwas verjüngte, wächst die Zürcher Szene kontinuierlich von Jahr zu Jahr und erlebt seit Eröffnung des Kunsthaus-Erweiterungsbaus von David Chipperfield einen regelrechten Boom. Allein an der Rämistraße und in den umliegenden Gassen haben gut ein Dutzend Galerien ihre Räume. Viele davon sind erst seit Kurzem hier, einige vom nach wie vor angesagten und wichtigen, aber etwas abgelegenen Löwenbräu-Areal hergezogen. Mittlerweile haben sie sich zu einem Galerien-Cluster samt eigener Website (zurich1.com) zusammengeschlossen.

Das diesjährige Zurich Art Weekend probt nun vom 9. bis 11. Juni den Spagat zwischen den beiden Kunstzentren der Stadt, dem Löwenbräu in Kreis 5 und dem Kunsthaus-Umfeld in Kreis 1. Mit über 100 Talks, Walks, Performances und Partys sowie rund 80 Ausstellungen in mehr als 70 Museen, Galerien, Privatsammlungen und Offspaces ist es die bislang umfangreichste Ausgabe des Events. Zu den Highlights gehören in diesem Jahr neben Vernissagen von Christopher Kulendran Thomas in der Kunsthalle Zürich, Monster Chetwynd im Cabaret Voltaire und der Gruppenschau „It’s Weird“ in der Shedhalle die Präsentation von Urs Fischers monumentaler Alu-Skulptur „The Wave“ im Kunstraum Acrush sowie ein Gastspiel der Kyiv Art Week mit Perfomances von Alevtina Kakhidze, Uta Bekaia und anderen im Schauspielhaus Pfauen am Heimplatz. Dauer: viereinhalb Stunden. Gut möglich also, dass es nach diesem Wochenende nötig sein könnte, den Wecker zu stellen, um vor lauter Erschöpfung nicht die Vernissage der Art Basel zu verschlafen.