Florian Thate

Porträt
1. Juni 2017
Text: Dietrich Roeschmann

Repetitions (mit Fabio Luks und Neal Byrne Jossen).
Kunsthaus L6, Lameystr. 6, Freiburg.
Donnerstag bis Freitag 16.00 bis 19.00 Uhr, Samstag und Sonntag 11.00 bis 17.00 Uhr.
Bis 18. Juni 2017.
Kunstraum Foth, Barbarastr. 10, Freiburg.
Dienstag bis Donnerstag 16.00 bis 19.00 Uhr.
Bis 20. Juli 2017.

Auf einer Fläche von 2,50 auf 6,60 Meter hat Florian Thate für eine Gruppenschau im Freiburger Kunsthaus L6 kürzlich knapp zwei Dutzend Styrodur-Platten in Blassgelb und Hellviolett an die Wand geschraubt und die glänzenden, übergroßen Unterlegscheiben wie Reflektoren zum Tageslicht hin ausgerichtet. Auf den ersten Blick wirkt das wie eine im Baumarkt zusammengeschraubte Bling-Bling-Hommage an die Farbfeldmalerei von Günther Förg – wären da nicht die groben Spuren eines gefundenen Spachtels, mit dem Thate sein Wandbild bearbeitete. So zeigt jedes der vier Farbfelder nun eine Anhäufung von Ritzgesten, die in ihrer dichten Abfolge viel vom Eingrooven des Künstlerkörpers in den Bildprozess erzählen, von der Zeitlichkeit, die ihm zugrundeliegt – aber auch von der zeitlichen Entrücktheit, die in der Wiederholung des Immergleichen anklingt.

Dass Bildprozesse bei Thate nicht zwangsläufig irgendwann einfach aufhören, zeigt auch eine zweite große Arbeit von ihm im Kunsthaus L6, diesmal aus weißen, mit einem Löffel aufgekratzten Hartschaumplatten. Ursprünglich für eine Ausstellung im Kunstverein Freiburg entstanden, recycelte Thate die demontierten Teile des Wandbilds für die aktuelle Schau und fügte sie jetzt auf einer mobilen Ausstellungswand mit hitze-, säure- und zugbeständigem Superkleber wieder zusammen – als ebenso fragiles wie anmaßendes Bild der Unverwüstbarkeit. Thate hat seit jeher ein Faible für derartige Widersprüche. 1982 in Konstanz geboren, studierte er bis 2015 Kunst an der Freiburger Hochschule für Kunst, Design und populäre Musik und macht derzeit in Basel seinen Master of Arts in Fine Arts an der Fachhochschule Nordwestschweiz. Seit zwei Jahren betreibt er zudem gemeinsam mit dem Künstler Jürgen Oschwald den winzigen, aber stark frequentierten Freiburger Offspace „Pförtnerhaus” in der Fabrikstraße.

Eigentlich kommt Florian Thate von der Malerei, arbeitet aber schon seit langem nicht mehr mit dem Pinsel, sondern installativ, gerne in situ und immer unter vollem Körpereinsatz. Dafür gibt er sich einen klaren Handlungsrahmen. In schweißtreibenden Aktionen entstehen so oft enorm spannungsgeladene Hybride zwischen Malerei und Skulptur, die auf subtile Weise das Verhältnis von Körper, Material, Kraft und Zeit erfahrbar machen, um das seine Bildfindungen kreisen. Mal besprang er stundenlang schwarz lackierte Stahlplatten, um so die Farbe abzutragen, dann bearbeitete er Landkarten oder Wände derart druckvoll mit Graphitstift bis sie zu spiegeln begannen oder kratzte mit einer Gabel einen 15 Meter langen Farbstreifen von der Wand des Freiburger E-Werks. Den Putz, in dem sich auch Farbspuren früherer Wandarbeiten anderer Künstler fanden, fing er mit einer Aluschiene auf und zapfte so wie ein Archäologe das Raumgedächtnis an, in das sich auch seine eigene Arbeit eingeschrieben hatte.

Zeitgleich zur Gruppenschau „Repetitions” im Kunsthaus L6 sind derzeit weitere Arbeiten von Florian Thate im Kunstraum Foth zu sehen. Im Zentrum steht auch hier die unaufgeregte Inszenierung des Bildes als Resultat körperlicher Verausgabung und Dutzender Newton Kraftaufwand. Die raumgreifende Installation besteht aus einem hochkant an die Wand geklemmten Stapel hellgrüner Rigipsplatten, deren Kanten er mit einem Hammer so lange bearbeitet hat, bis sich am Boden ein schönes Bild aus Gipsbrocken und Papierfetzen abzeichnete. Um zu verhindern, dass der ramponierte Stapel einfach umfällt, hält Thate ihn mit einer dunkelroten, horizontal durch den Raum verschraubten Baustütze, die spürbar unter Spannung steht. Die Unmöglichkeit, als Betrachter aus diesem Kraftfeld herauszutreten, macht Thates Installation zur malerischen Bühne einer ungewöhnlich intensiven Raumerfahrung.